Der seltsame Herr Kennedy

von Redaktion

VON MATTHIAS BUSCH

München – Bereits im vergangenen April hatte der Neffe von John F. Kennedy seine Bewerbung für die US-Wahlen bekannt gegeben – damals allerdings noch für die Demokratische Partei. Doch Robert F. Kennedy Jr. verspürte wohl wenig Lust, sich bei den Vorwahlen gegen die anderen Kandidaten der Demokraten durchsetzen zu müssen – zu denen auch Präsident Joe Biden gehört. Deshalb will er sich als parteiloser Kandidat zur Wahl stellen. Ein Schachzug, der sowohl für die Demokraten wie für die Republikaner heikel werden könnte: Denn der Mann mit dem klingenden Namen könnte aus beiden Lagern Stimmen abziehen.

Der bald 70-Jährige inszeniert sich als fit und zupackend. Ein Video, das ihn mit nacktem Oberkörper bei Liegestützen zeigt, wurde 15 Millionen Mal angeklickt. Ein ergrauter Womanizer, der sich über Jahrzehnte auch als Anwalt für die Umwelt und für Minderheiten einen Namen gemacht hat. Er hat gegen Ölkonzerne, Chemiegiganten, Fleischfabriken und das Militär gekämpft. Doch fast ebenso lang ist die Liste der Verschwörungstheorien, die „RFK Jr.“ verbreitet.

Angeblich soll beispielsweise seit den frühen 1980er-Jahren die Mittelschicht ausgerottet werden. Als Impfgegner irrlichterte der Sohn des ermordeten Bobby Kennedy schon lange vor Corona durch die Schlagzeilen. So unterstellte der gläubige Katholik im Jahr 2005 einen Zusammenhang zwischen Thiomersal, einem bei Impfungen verwendeten Konservierungsstoff, und neurologischen Störungen bei Kindern – was mehrfach widerlegt worden war. Doch vor allem die politischen Maßnahmen während der Pandemie geißelte er immer wieder. „Der Gnadenstoß war der Lockdown“, behauptete der sechsfache Vater.

Auch seien die Impfstoffe gegen Covid-19 gefährlich und könnten bei Kindern zu Autismus führen. Darüber hinaus verbreitete Kennedy die Mär, dass der frühere Microsoft-Boss Bill Gates der Menschheit durch Impfen einen „Chip“ einpflanzen und Bargeld durch einen „DigitalGeld-Chip“ ersetzen wolle, der sich bei Impfverweigerung abschalte. Bei derart waghalsigen Theorien fallen seine Aussagen, dass Antidepressiva schuld an den regelmäßigen Schulmassakern in den USA seien und WLAN Krebs verursache, kaum mehr ins Gewicht.

Das eher peinliche Gebaren von „RFK Jr.“ stößt zwar bei der politischen Elite und vor allem bei den Demokraten auf Kopfschütteln. Bei den Wählern lösen derartige Schwurbeleien allerdings keine Abwehrreaktionen mehr aus, schließlich sind sie von Mitbewerber Donald Trump seit Jahren die Verbreitung von Unwahrheiten gewöhnt.

Kennedy muss nun selbst versuchen, in allen 50 Staaten die nötigen Voraussetzungen zu erfüllen, um auf die Wahlzettel zu gelangen. In den USA gelten parteilose Kandidaten als chancenlos – sie können allerdings bei den oft knappen Wahlausgängen um das Weiße Haus den Kandidaten der Demokraten und Republikaner entscheidende Prozente streitig machen.

Laut der Quinnipiac University käme Kennedy in einem Dreierrennen auf 22 Prozent. Dass die Kandidatur des Sprosses aus dem berühmten Kennedy-Clan so erfolgreich weiterlaufen wird, daran glaubt Todd Belt, Politikprofessor an der George-Washington-Universität, jedoch nicht. Der Name Kennedy würde zwar immer ziehen, so der Experte, allerdings sei die Zustimmungsrate auch nicht ungewöhnlich. Wenn Menschen ihre Bewerbung für das Präsidentenamt ankündigen, würden deren Werte immer nach oben schnellen. Eine Warnung seien die 22 Prozent aber für die Demokraten. „Das bedeutet, dass nicht jeder in der Partei mit der Arbeit des amtierenden Präsidenten zufrieden ist.“ Doch auch die Republikaner sollte die Zahl nervös machen: Der Außenseiter Robert F. Kennedy Jr. kann dem ewigen Gewinner Donald Trump Stimmen abjagen. Und das Volk? Das ist offensichtlich weder mit Biden noch mit Trump zufrieden.

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