Tel Aviv/Gaza – Ihr Schicksal ist so tragisch wie einzigartig: Drei von der Hamas entführte israelische Geiseln, versehentlich erschossen von der israelischen Armee. Nun sind Aufnahmen aufgetaucht, auf denen offenbar die Stimme von mindestens einer der Geiseln zu hören ist – nur wenige Tage, bevor sie starben.
Hintergrund ist eine militärische Untersuchung, die aufklären soll, wie es zu dem tragischen Vorfall am Freitag vor einer Woche kommen konnte. Die Armee hatte früh erklärt, die Soldaten hätten die zuvor entkommenen Geiseln „versehentlich als Bedrohung identifiziert“ und geschossen. Allerdings sind einige Fragen ungeklärt.
So versuchten die drei Männer offenbar auf verschiedenen Wegen, ihre Identität zu erkennen zu geben. Als sie sich den Soldaten näherten, sollen sie mit erhobenen Händen eine weiße Flagge geschwenkt haben – außerdem markierten sie zuvor ein Gebäude mit dem Hilferuf „SOS“ und „3 Geiseln. Hilfe“, wie „The Times of Israel“ berichtet. Möglicherweise hielten die Soldaten all das für eine Hinterlist der Hamas.
Die nun aufgetauchten Aufzeichnungen geben einen weiteren Hinweis darauf, wie die Geiseln versuchten, auf sich aufmerksam zu machen. Demnach stießen fünf Tage vor der versehentlichen Erschießung israelische Truppen mit Hamas-Kämpfern zusammen, Letztere eröffneten von einem Gebäude aus das Feuer. Während des Gefechts schickten die Israelis einen mit einer Kamera ausgestatteten Suchhund in das Gebäude, wie Armeesprecher Daniel Hagari am Donnerstag mitteilte. „Die Terroristen haben auf den Hund geschossen, und von dem Punkt an hörten wir die Stimmen der Geiseln“, sagte er.
Laut „Times of Israel“ war die Stimme mindestens einer Geisel zu hören, vermutlich Alon Shamriz. Er soll „Hilfe“ gerufen haben und dass es sich bei ihnen um Geiseln handele. Außerdem soll die Stimme einen der Geisel-Namen gerufen haben, all das auf Hebräisch.
Nachdem die israelische Armee die Hamas-Terroristen getötet hatte, konnten die Geiseln fliehen. Fünf Tage hielten sie sich in dem Gebiet im Gazastreifen auf und näherten sich schließlich einer Gruppe von israelischen Soldaten, in der Hoffnung, gerettet zu werden. Dann wurden sie erschossen, nur drei Kilometer von jenem Gebäude entfernt, aus dem sie zuvor fliehen konnten.
Die Kamera am Körper des Hundes, der bei dem Einsatz getötet wurde, sei erst am Dienstag gefunden und ausgewertet worden, sagte Armeesprecher Hagari. Also Tage nach dem Tod der drei. Ihre Familien wurden demnach über die neuen Erkenntnisse informiert.
Die Untersuchung legt angeblich einen Schwerpunkt auf den Tod von Yotam Haim. Er schaffte es offenbar, sich verwundet in ein Gebäue zu retten, nachdem die Soldaten seine zwei Mitgeiseln erschossen hatten. Der Kommandeur des israelischen Bataillons soll laut „Times of Israel“ seine Soldaten aufgefordert haben, das Feuer zu stoppen. Sie aber schossen weiter und töteten Haim, als er erneut aus dem Gebäude kam.
Die Hamas hatte nach ihrem Angriff am 7. Oktober rund 240 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Mehr als 100 sollen noch immer in der Gewalt der Terroristen sein. mmä/dpa