VON GEORG ANASTASIADIS
Berliner Polizisten und Feuerwehrleuten schwant offenbar Schlimmes. „Greift uns nicht an“, bitten Sie in einem Video vor der Silvesternacht, und: „Bitte respektiert unsere Arbeit. Beschießt uns nicht mit Böllern, Raketen oder Schreckschusswaffe.“ Neue Wege in der Prävention will die Hauptstadt damit beschreiten. Es ist den Versuch wert. Doch geht Berlin damit bis an die Grenze zur Selbstverleugnung: Ein Staat, der seine Verächter regelrecht anfleht, elementare Regeln einzuhalten, flößt Tätern aus patriarchalisch geprägten, vorwiegend migrantischen Milieus keinen Respekt und vermutlich nicht mal Mitleid ein. Mal abgesehen davon, ob das Video die Problemklientel in den Parallelgesellschaften Neuköllns überhaupt erreicht. Wichtiger ist, dass der Staat in der Neujahrsnacht mit schnellem und entschlossenem Eingreifen klarmacht, wer auf Deutschlands Straßen das Gewaltmonopol besitzt.
Doch solange Politiker(innen) wie SPD-Chefin Saskia Esken nicht offensichtliche Integrationsprobleme und die Verursacher der Randale als Hauptprobleme begreifen, sondern lieber deren (zutreffende) Benennung als „kleine Paschas“ durch Oppositionsführer Friedrich Merz skandalisieren, stellt sich die Frage, wie wehrhaft unser Rechtsstaat wirklich ist. Die Bilanz nach der letztjährigen brutalen Silvesterrandale, bei der Einsatzkräfte in Hinterhalte gelockt und attackiert wurden, ist ernüchternd: Keiner der Täter musste letztlich eine Haftstrafe antreten.
Dieses Jahr will Berlin es besser machen. 2500 zusätzliche Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet, darunter Einheiten der Bundespolizei, werden in der Hauptstadt zusammengezogen, dazu Staatsanwälte. Angesichts der durch den Gazakrieg zusätzlich aufgeheizten Stimmung ist das auch dringend nötig. Die Ampelregierung und Bundesinnenministerin Faeser wissen: Was übermorgen in Berlin passiert, ist keine Kiez-Folklore, sondern eine Frage von nationalem Belang. Die Bilder aus dieser Silvesternacht werden darüber mitentscheiden, wie die wankende Koalition ins neue Jahr startet und was die Bundesbürger ihr noch zutrauen.
Georg.Anastasiadis@ovb.net