China-Taiwan-Konflikt

Überschätzte Weltmacht

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

Die Möglichkeit eines Taiwan-Krieges schwebt wie ein Damoklesschwert über der Weltpolitik: Meist geht es nicht mal mehr um die Frage, ob Peking den Inselstaat angreift – sondern wann. Jetzt haben Experten einen baldigen Zeitpunkt als unwahrscheinlich eingeschätzt. China dürfte demnach noch nicht die militärischen Fähigkeiten für einen klaren Sieg über Taiwan haben.

Es stimmt: Die Macht Xi Jinpings wird oft überschätzt. Noch immer hat sich China nicht von der Pandemie erholt. Die Wirtschaft kränkelt, der Rückhalt in der Bevölkerung bröckelt. Die Volksbefreiungsarmee hat kaum Kampferfahrung und hinkt bei einigen Technologien hinterher. Außerdem hat Xi kein Vertrauen in sein Militär: Erst vor wenigen Monaten feuerte er mehrere Generäle und ließ seinen Verteidigungsminister verschwinden.

Doch das alles heißt nicht, dass Xi den sicheren Weg des Friedens wählt: Der Ukraine-Krieg hat uns gelehrt, dass wir bei Imperialisten nicht auf rationale Entscheidungen hoffen sollten. Zumal Xis engster Berater-Kreis zum Teil aus ehemaligen Schulfreunden besteht – dem Staatschef geht es bei der Vergabe von Spitzenposten mehr um Loyalität als um Qualifikation. Xi regiert sein Land wie ein Pate seine Mafia. Das lässt zwar daran zweifeln, wie gut die Supermacht China wirklich funktioniert – ungefährlicher wird sie dadurch aber nicht.

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