Taipeh/Peking – Westliche und taiwanische Experten trauen China derzeit nicht zu, den Inselstaat Taiwan militärisch einzunehmen. „Obwohl die Gefahr eines Konflikts gestiegen ist, ist ein voller amphibischer Angriff durch China kurzfristig unwahrscheinlich“, sagte die China-Analystin der Nichtregierungsorganisation Crisis Group, Amanda Hsiao. Mit „amphibischem Angriff“ ist ein Angriff über die Meerenge zwischen beiden Staaten gemeint.
Die Chancen einer erfolgreichen Operation seien unsicher, sagte Hsiao. Peking dürfte ihr zufolge im Moment nicht die militärischen Fähigkeiten für einen schnellen und entscheidenden Sieg über Taiwan haben.
China scheine auch erkannt zu haben, Taiwan nicht zum Aufgeben zwingen zu können, sagte David Gitter vom US-Forschungsinstitut National Bureau of Asian Research: „Peking arbeitet allerdings aktiv daran, diese Mängel zu beseitigen.“ Mittel- und langfristig könnten eine Invasion oder andere militärische Handlungen nicht ausgeschlossen werden. Die Kosten für einen Krieg sind jedoch hoch. Die Wirtschaftsprobleme Chinas und die Annäherungsversuche mit Taiwans Verbündetem, den USA, machten eine Invasion derzeit noch unwahrscheinlich.
Die Taiwanstraße sei der „Kern“ für die Verteidigung des Inselstaates, sagte Su Tzu-yun vom taiwanischen Institut für nationale Verteidigung und Sicherheitsforschung. Anders als die Ukraine oder Israel könne Taiwan nicht so leicht überfallen werden, weil es nicht mit Land verbunden sei. China habe selbst bis 2030 kaum Sieges-Chancen. Taiwan sei mit vielen Raketen gegen Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge ausgestattet.
Unterdessen hat China einen Nachfolger für den seit Monaten verschwundenen früheren Verteidigungsminister Li Shangfu ernannt. Neuer Minister wurde der bisherige Marinekommandeur Dong Jun, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf einen Beschluss des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses berichtete. » KOMMENTAR