Berlin – Menschen, die in einem Pflegeheim leben, verbringen dort immer weniger Lebenszeit. Laut einer Caritas-Umfrage ist die durchschnittliche Verweildauer innerhalb von vier Jahren um drei auf durchschnittlich 25 Monate zurückgegangen. Der Wechsel in eine stationäre Pflegeeinrichtung wird also immer länger aufgeschoben, teilte der katholische Wohlfahrtsverband mit. Beteiligt an der bundesweiten Erhebung hatten sich 282 stationäre Einrichtungen.
In Deutschland sind derzeit rund 16 100 stationäre Pflegeeinrichtungen zugelassen. Davon leisten 11 400 dauerhafte vollstationäre Pflege für etwa 793 000 der insgesamt rund fünf Millionen offiziell pflegebedürftigen Menschen. Weitere rund 4600 bieten teilstationäre Pflege in Form von Tagespflege an.
Entwickelt sich das Altenheim vom Lebens- also immer mehr zum Sterbeort? Fast die Hälfte der befragten Caritas-Altenhilfeeinrichtungen gibt an, dass der Anteil der Pflegebedürftigen, die bereits im ersten Jahr in der Einrichtung sterben, bei über 30 Prozent liege. Deutlich weniger als die Hälfte der Einrichtungen meldet, dass mehr als ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner drei Jahre und länger in der Einrichtung lebt.
Mit Corona habe die Entwicklung wenig zu tun, betont Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Die Vermutung von Experten, dass der Einzug in ein Pflegeheim für viele ältere Menschen ein traumatisches Erlebnis ist, das den Lebenswillen schwächt, wird von den Daten nicht erfasst.
Zentraler Grund für die abnehmende Verweildauer ist laut Caritas der verständliche Wunsch der Menschen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben. Die Möglichkeit, durch ambulante Angebote zu Hause zurechtzukommen und die langen Wartelisten der Altenhilfeeinrichtungen seien weitere wichtige Gründe für einen späteren Umzug ins Heim. Auch die Sorge vor hohen Zuzahlungen wird häufig bestätigt. So sind die Eigenanteile für Pflegeheimbewohner zuletzt ständig gestiegen.
Fest steht, dass die kürzere Verweildauer auch Heime und Pflegepersonal vor große Probleme stellt. Weil viele ältere Menschen erst dann in ein Heim umziehen, wenn sie geschwächt, krank oder dement sind, erhöht sich der Aufwand. Es gibt immer mehr Schwerstpflegefälle.
Die Arbeit für die Pflegeeinrichtungen habe sich einschneidend verändert, sagt Welskop-Deffaa: „Die Bürokratie hat zugenommen, die Zahl der dementiell Erkrankten steigt, Personal ist knapp.“ Diese Personalknappheit werde dazu führen, dass Wartelisten in Zukunft unvermeidlich seien. Auch der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie hatte zuletzt düster prognostiziert, der Personalmangel bringe Leistungseinschränkungen. CHRISTOPH ARENS