Kühle Worte für die Kommissionspräsidentin

von Redaktion

Von der Leyen trifft in Seeon auf eine streitlustige CSU – Ärger um „Green Deal“ und Verbrenner

Seeon – Zur Begrüßung gibt es von Alexander Dobrindt eine Umarmung mit gehauchtem Küsschen. Und verbal ein paar Watschn. Also alles ungefähr so, wie Ursula von der Leyen es erwarten kann bei einem Gastauftritt vor der CSU. Die EU-Kommissionspräsidentin erlebt als Klausurgast im nasskalten Kloster Seeon mal wieder beide Seiten der CSU: proeuropäisch im Grundsatz, aber in den Details sehr, sehr kritisch.

Gastgeber Dobrindt hat ja kurz vor der Ankunft von der Leyens die Forderung lanciert, von der Leyens Behörde von 27 auf sieben Kommissare plus 20 Helferlein zusammenzustreichen. „Europa muss sich mit neuem Schwung auf seine Kernaufgaben konzentrieren“, sagt der Chef der Bundestagsabgeordneten. Subtext: alles viel zu verkrustet, zu groß, zu teuer. Der CSU ist völlig klar, dass ihr Vorstoß eines Radikal-Beschnitts der Kommission und der nachgeordneten Agenturen im komplizierten Staatengeflecht aussichtslos ist. Eine Mehrheit lässt sich wohl nie finden. Es geht ums Signal vor der Wahl im Juni.

Dazu gehört, dass Dobrindt in von der Leyens Gegenwart ein paar Seitenhiebe auf ihren „Green Deal“ platziert. Das sind ihre hoch umstrittenen, zwischenzeitlich eingebremsten Klima-Pläne. Die „Herausforderungen der Zukunft“ seien nicht allein durch Klimaschutz bestimmt, sagt er, es müsse mehr um Wohlstand, Wachstum, Wirtschaft gehen. Im Gespräch intern werden die Abgeordneten zudem bei den Themen Migration und Wolf-Abschuss deutlich und fordern von der CDU-Politikerin mehr Härte ein. In ihren Antworten weicht sie aus.

Von der Leyen äußert sich in Seeon auch vor den Kameras schmalllippig. Den Siebener-Plan lehnt sie ab. Es sei den Staaten „enorm wichtig“, jeweils durch einen Kommissar vertreten zu sein. Deshalb halte sie dieses Prinzip sehr hoch. Lieber spricht sie über das „Schlüsseljahr 2024“ mit den großen Wahlen in Europa und den USA.

Ob sie nun selbst im Juni kandidiert oder nicht – wieder kein Wort von ihr dazu. Dobrindt lässt immerhin fallen, man habe ein „enges Verhältnis“, er hoffe, dass sich das einige Jahre fortsetze. CSU und CDU haben die 65-Jährige ja bereits vor Monaten als europaweite und damit auch nationale Spitzenkandidatin vorgeschlagen.

Was die Lage nicht einfacher macht: Auch mit dem obersten Europapolitiker aus den eigenen Reihen pflegt die CSU-Spitze ein schwieriges Verhältnis. Manfred Weber ist bekanntermaßen weder mit Parteichef Markus Söder noch mit Dobrindt befreundet, höflich ausgedrückt. Dass von der Leyen nach Seeon kommt und statt ihm der Brüsseler Stargast sein soll, erfuhr er als einer der Letzten, kann am Samstag nicht mal mehr dazustoßen.

Für Weber bleibt im Klosterhof nur eine Gastrolle am frühen Sonntagabend, es ist schon fast dunkel. Auf die CSU-Hakeleien geht er nicht näher ein. Spannend ist, dass auch er einen Rempler gegen von der Leyen setzt. Weber kündigt an, nach der Wahl die Reste des Green Deals zu zerpflücken. Er will das für 2035 beschlossene Verbrennerverbot kippen. Man brauche keinen grünen, sondern einen „Economics-Deal“, also einen für die Wirtschaft.  cd

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