Sorge vor Gelbwestenbewegung

Ampel-Friedenssignale an die Bauern

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Die Ampel sendet Friedenssignale an die zornigen Bauern: Am Montag wollen die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP mit den Agrarverbänden sprechen. Der Kanzler stellte sich schon gestern in Cottbus den seit vier Tagen protestierenden Landwirten – um, so verlautete aus Gründen der Gesichtswahrung aus dem Kanzleramt, die Regierungsposition „noch einmal zu erläutern“. Die Prognose sei gewagt: Bei Erläuterungen wird’s nicht bleiben. Dafür steht zu viel auf dem Spiel, für die Regierung und das ganze Land. Bei den Wahlen im Osten droht ein Durchmarsch der AfD. Nichts kann unsere Demokratie weniger gebrauchen als eine Gelbwestenbewegung, bei der die Rechtsradikalen den Protest der Mitte kapern, um an der Spitze der Bewegung die Macht in den Parlamenten zu erobern.

Die Ampelparteien haben, als sie in ihrer Not auf die Idee kamen, sich das fehlende Geld bei der kleinen Gruppe der Bauern zu beschaffen, die aufgeheizte Stimmung im Land, aber auch die Wehrhaftigkeit der Bauern und deren seit Langem schwelendes Gefühl, unfair behandelt zu werden, sträflich unterschätzt: Im Winter gibt es keine Felder zu bestellen, da bleibt Zeit, mit dem Bulldog nach Berlin zu fahren. Danach half alles Zurückrudern nichts mehr. Spät hat der Kanzler die Zeichen auch für sich selbst erkannt: Immer klarer wurde zuletzt aus der Ampel auf ihn als den Erfinder der Agrardiesel-Schnapsidee gezeigt, und immer deutlicher wurde ihm auch aus seiner SPD bedeutet, dass die Ministerpräsidenten, voran der um seine Wiederwahl im Herbst kämpfende Brandenburger Dietmar Woidke, nicht länger bereit sind, den Kopf hinzuhalten für die katastrophalen handwerklichen Fehler der Regierung im Allgemeinen und des Kanzlers im Speziellen. Dieser hatte ja schon die von Karlsruhe gekippte krumme Etatkonstruktion mit den illegalen Schattenhaushalten ersonnen.

Eine zügige Einigung mit den Bauern ist ein Gebot der Vernunft. Olaf Scholz aber wird damit leben müssen, dass die Zweifel in der eigenen Partei an seinem Kanzler-Talent nicht kleiner geworden sind.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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