Beim Dreikönigstreffen der FDP erhielt Marie-Agnes Strack-Zimmermann viel Beifall – und stahl Christian Lindner die Show. Ein Gespräch mit der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag über den Krieg in der Ukraine.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Ihnen den Verdienstorden der Ukraine verliehen.
Ich freue mich sehr, das ist eine große Ehre. Ich habe sehr viele Kontakte in der Ukraine, zu Familien, zu Soldaten. Auch zu Soldatinnen, die freiwillig im Einsatz sind.
Hätte Olaf Scholz den Orden auch verdient? Er sperrt sich gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.
Vor einem Jahr hat der Bundestag mit großer Mehrheit der Regierung den Auftrag gegeben, der Ukraine alles zu liefern, was wir liefern können beziehungsweise was nötig ist. Der Kanzler weiß also, dass er die volle Unterstützung des Hauses hat. Er und seine Berater haben aber offensichtlich – um im Bild zu bleiben – Ladehemmung. Aus Sorge, möglicherweise auch aus Misstrauen der Ukraine gegenüber. Ich weiß es nicht. Fakt ist, das ist unbegründet. Die Ukrainer sind verlässlich. Sein Nein ist nach den erneuten brutalen russischen Angriffen nicht zu verstehen.
Stattdessen gibt es Eurofighter für Saudi-Arabien – im Widerspruch zum Koalitionsvertrag. Wie viel sind Abmachungen in der Ampel noch wert?
Der Koalitionsvertrag ist unter einer völlig anderen sicherheitspolitischen Lage geschlossen worden. Die zivile Schifffahrt wird im Roten Meer von den Huthis massiv mit Raketen angegriffen. Ein Schiff mit Besatzung wurde gekidnappt. 25 Prozent aller weltweiten Container-Transporte zwischen Asien und Europa nehmen diese Route. Auf diese brutalen Angriffe auf die Freiheit der Seewege muss reagiert werden. Saudi-Arabien kann dazu beitragen. Das ist Realpolitik.
Stichwort Realpolitik: Sie haben gesagt, die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren.
Die Ukraine muss gewinnen.
Ist das noch realistisch?
Es gibt auch gute Nachrichten. Russland hat die Ukraine angegriffen in der Annahme, das ganze Staatsgebiet der Ukraine werde in wenigen Wochen besetzt sein. Davon ist Russland weit entfernt. Zudem ist die Nato um Finnland und bald Schweden gewachsen. Europa hält zusammen und unterstützt die Ukraine. Von all diesen Szenarien ist Putin nicht ausgegangen.
Aber es droht ein langer Krieg.
Die Geschichte lehrt leider, dass ein Krieg, wenn er nicht nach einem Jahr beendet ist, zwei, drei oder mehr Jahre dauern kann.
Was passiert, wenn der Ukraine die Soldaten ausgehen?
Mit den richtigen und wirkungsvollen Waffen können sie eine enorme Wirkung erzielen. Unsere Unterstützung darf nicht nachlassen.
Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich laut einer Umfrage Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzler. Sie auch?
Wir haben einen Bundeskanzler und wir haben einen sehr guten Verteidigungsminister, mit dem ich gerne und gut zusammenarbeite. Ich bin sehr froh, dass Boris Pistorius – für viele ja überraschend – dieses Amt übernommen hat. Und zum Thema „Wünsch dir was“: Es gab auch mal Umfragen, in denen gefordert wurde, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister werden sollte.
Interview: Alexander Schäfer