Washington – Für die Bürger von Iowa, einem ländlichen US-Bundesstaat im Mittleren Westen, werden heute die Vorwahlen zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten zur Härteprüfung. Die Meteorologen sagen Temperaturen von bis zu minus 25 Grad und Schneefall voraus, was deutlich Einfluss auf die Beteiligung beim traditionellen „Caucus“ haben dürfte. Dabei wird in Sälen und Turnhallen über die Bewerber debattiert und am Ende öffentlich abgestimmt. Der Blick der Öffentlichkeit richtet sich vor allem auf die Konservativen, da Präsident Joe Biden bei den Demokraten keine ernst zu nehmende Konkurrenz hat. Und wenn nur wenige Menschen an diesen etwas antiquiert wirkenden Wahl-Runden teilnehmen, kommt dies gewöhnlich den Favoriten zugute. Der heißt, glaubt man den Demoskopen, bei den Republikanern Donald Trump.
Trump weiß aus Erfahrung, dass ein guter Start bei den Vorwahlen die halbe Miete für die Nominierung ist. Deshalb blieb er am vergangenen Mittwoch auch erneut der TV-Debatte der Kandidaten seiner Partei fern – zum fünften Mal in Folge. Der Ex-Präsident zeigte sich stattdessen in Iowas Hauptstadt Des Moines bei einer Townhall-Veranstaltung mit freundlichen Fragen von Moderatoren des Senders Fox News. Die Devise: nur kein Risiko eingehen, sich nicht von Mitbewerbern wie Nikki Haley und Ron DeSantis in die Zange nehmen lassen. Denn schließlich ist die Basis Trumps in Iowa so stark, dass er momentan wohl gut 50 Prozent bekommen wird, gefolgt von der zuletzt immer populäreren Haley und De Santis mit jeweils nur 16. Chris Christie, ein weiterer Kandidat, hatte kürzlich das Handtuch geworfen. Trump steht ein Traumstart bevor.
Doch Ernüchterung könnte es bereits am 23. Januar im Bundesstaat New Hampshire geben. Umfragen sehen Haley, die als Siegerin der letzten Fernsehdebatte gilt, dort nur noch zwischen vier und sieben Prozentpunkte hinter Trump. Dieser machte zuletzt zudem erneut Negativ-Schlagzeilen, als er in seinem Zivilverfahren in New York – dort geht es um die korrekte Besteuerung seiner Liegenschaften – im Saal gegen den Richter wütete und von politischer Verfolgung sprach. Beobachter stellen ohnehin die Frage, wie Trump die vier Strafverfahren, sein Immunitätsverfahren und die New Yorker Zivilklage jonglieren und gleichzeitig erfolgreich Wahlkampf führen kann. Gerade die Strafverfahren sind von den Anklägern so gestaffelt worden, dass dem Kandidaten kaum Luft zum Atmen bleibt.
Davon könnte Haley profitieren, die sowohl in Iowa als auch New Hampshire auf Platz zwei landen dürfte. Ein solches Abschneiden sichert für gewöhnlich den anhaltenden Fluss von Wahlkampfspenden, der für den Vorwahlzirkus unerlässlich ist. Trump wiederum hat – so absurd es klingen mag – von den Anklagen profitiert und Millionen Dollar von seinen Anhängern eingesammelt.
Diese zeigen sich nicht beeindruckt von Medien wie der „New York Times“, die in deutlichen Worten vor einer Nominierung Trumps gewarnt hat. Dieses Wahljahr sei „wie kein anderes“, notiert das Blatt und beschreibt, dass Trump keine Reue für sein Fehlverhalten gezeigt habe und die Kongress-Erstürmung vom Januar 2021 weiter als friedliche Demonstration charakterisiere. Zudem fasse er ins Auge, sich im Falle eines Wahlsiegs selbst zu begnadigen, sollte er in einem der Strafverfahren verurteilt werden. Die Bürger müssten, appelliert die Zeitung, die besondere Bedeutung dieser Wahl für die Nation erkennen.