Unwort des Jahres: Remigration

Gute Wahl – schlechte Politik

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Wie so oft hinterlässt die Wahl des „Unworts“ ein flaues Gefühl. Mehrfach. Weil „Remigration“ ein von deutschsprachigen Rechtsextremen geprägter Hass-Begriff ist, der bewusst verharmlost, doch Deportation meint. Aber auch, weil die Wahl dieses „Unworts des Jahres“ exakt in einen Berliner Mechanismus passt: Zu viele in der deutschen Politik gefallen sich in der großen Geste, alles aus tiefster Inbrunst abzulehnen, was sich kritisch mit Migration auseinandersetzt. Zu wenige in der deutschen Politik nehmen das reale Problem und die Sorgen der Menschen ernst und dämmen illegale Migration ein.

Für träge Politik kann die Jury wahrlich nichts. Womöglich nimmt man die durch nichts als die öffentliche Aufmerksamkeit legitimierte Runde auch zu ernst. Aber es fällt halt auf, dass alle ein, zwei Jahre ein Begriff zum „Unwort“ gestempelt wird, der sich kritisch mit der schrankenlosen Asylpolitik auseinandersetzt. Manchmal auch eindeutig parteipolitisch motiviert: etwa 2018 mit der „Anti-Abschiebe-Industrie“, was eine zugespitzte, aber leider treffende Beschreibung des organisierten Widerstands gegen Rückführungen nach Asyl-Ablehnung ist.

Für die aktuelle Unwort-Wahl „Remigration“ gibt es gute Argumente. Aber bei vielen Menschen wird nicht der berechtigte Rat ankommen, sensibel mit Sprache umzugehen. Sondern ein schräger Gedanke: Gegen illegale Migration wird wenig getan, aber wir bekommen tolle Ratschläge, dass wir darüber nicht zu sprechen haben.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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