Italien erlaubt den römischen Gruß

von Redaktion

Die umstrittene Geste sei nur dann verboten, wenn eine Gefahr für die Republik bestehe – Neofaschisten jubeln

Rom – Der sogenannte römische Gruß, die italienische Variante des Hitlergrußes, darf in Italien nur in seltenen Ausnahmefällen als Straftat bewertet werden. Das entschied am Donnerstag der römische Kassationsgerichtshof, die dritte und höchste Instanz der italienischen Gerichtsbarkeit. Das Zeigen des faschistischen Grußes ist nach dieser Grundsatzentscheidung bei Gedenkveranstaltungen weitgehend legitim. In Deutschland und Österreich ist der Hitlergruß verboten.

Das Gericht entschied in einem Fall, in dem acht Neofaschisten wegen Zeigen des römischen Grußes in zweiter Instanz verurteilt worden waren. Sie hatten 2016 bei einer Gedenkveranstaltung in Mailand für den getöteten Neofaschisten Sergio Rampelli den Gruß gezeigt und waren deshalb verurteilt worden.

Der während der faschistischen Diktatur (1925–1943) verwendete Gruß, mit rechtem ausgestrecktem Arm, sei nicht als Straftat zu werten, entschieden die Richter, da sich die Tat im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zugetragen habe und demnach darüber hinaus keine konkrete Absicht hinter der Geste stand. Es sei zu unterscheiden, in welchem Zusammenhang sie gezeigt werde, ob zu Erinnerungszwecken oder mit der Absicht der Neugründung der faschistischen Partei in Italien.

Für das in der Vergangenheit teilweise von Gerichten ausgesprochene Verbot des römischen Grußes gibt es in Italien zwei Rechtsgrundlagen, einerseits das sogenannte Scelba-Gesetz aus dem Jahr 1952. Darin werden Verhaltensweisen verboten, die auf die Neugründung der faschistischen Partei abzielen. Nur „wenn sich eine reale Gefahr für die Republik konkretisiere“, könne man für den Gruß strafbar gemacht werden, entschieden die Richter. Die zweite Gesetzesgrundlage ist das Mancino-Gesetz von 1993, das „die Aufwiegelung zur Diskriminierung oder zur Gewalt aus rassischen, ethnischen, nationalen oder religiösen Gründen“ sanktioniert. Auch nach dieser Definition könne der Gruß bei Gedenkfeiern nicht als strafbar angesehen werden.

Die Entscheidung kam wenige Tage nach einer Gedenkveranstaltung am 7. Januar in Rom. Hunderte Neofaschisten waren zum Jahrestag des Todes früherer Kameraden zusammengekommen und hatten den römischen Gruß gezeigt. Die Polizei nahm die Personalien etlicher Teilnehmer auf, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die neofaschistische Organisation Casa Pound feierte das Urteil als „Sieg, der endlich einer Reihe von sinnlosen Anschuldigungen ein Ende setzt“.

Im Jahr 2017 hatte die damalige sozialdemokratisch geführte Regierung einen Gesetzentwurf eingebracht, um das juristische Vakuum zu füllen und neofaschistische Propaganda sowie den römischen Gruß verbieten zu lassen. Im Senat, der ersten Parlamentskammer, fiel der Entwurf damals allerdings durch. Vor allem die in der Tradition des Neofaschismus stehende Partei Fratelli d’Italia (FdI) der heutigen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni widersetzte sich der Initiative damals. JULIUS MÜLLER-MEININGEN

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