München – Dieser Montag in München – so viel steht fest – war kein gewöhnlicher Wochenbeginn. Normalerweise hätte wohl die sensationelle Niederlage des FC Bayern gegen Bremen für den größten Gesprächsstoff im Kreise der Arbeitskollegen gesorgt.
Aber an diesem Montag – so hatte man das Gefühl – war es irgendwie der Tag danach: Der Tag nach der Groß-Demo gegen Rechtsextremismus. Und die am meisten gestellte Frage im Freundeskreis, im Job oder in der U-Bahn lautete: Warst du auf der Demo oder nicht?
Zwischen 100 000 (Zahl der Polizei) und 250 000 Menschen (Angabe des Veranstalters) waren am Sonntag auf die Straße gegangen. So viele jedenfalls, dass die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden musste. Vermutlich war es die zweitgrößte Demo in München in der Stadtgeschichte nach 1992. Damals hatten sich rund 300 000 zu einer Lichterkette gegen rechte Gewalt versammelt.
Auch diesmal war es unbestritten ein Zeichen von großer Strahlkraft, ein Zeichen der gesamten Stadtgesellschaft. Doch es blieb nicht nur dieser positive Eindruck. 250 Organisationen hatten zu der Demo aufgerufen, unter Federführung der Klimabewegung Fridays for Future. Gerade zu Beginn der Veranstaltung gab es irritierende und radikale Redebeiträge, die einem pauschalen Politiker-Bashing glichen. Der Aufruf zum Mitgrölen der Parole „Ganz München hasst die AfD“ war ebenso nicht jedermanns Sache, weil das eher nach Fankurve im Fußballstadion und nicht nach vernünftigem Protest klang.
In den Sozialen Medien wurde dies am Montag heiß diskutiert, auch auf der Facebook-Seite von „München ist bunt“. Die Initiative ist in den vergangenen Jahren die treibende Kraft bei vielen Demos gegen Rassismus gewesen und war auch maßgeblich bei der Organisation beteiligt. Als „peinlich, unprofessionell und beängstigend“ wurden die Auftritte einiger Redner auf Facebook in Kommentaren getadelt. Micky Wenngatz, Vorsitzende von „München ist bunt“, Luc Ouali von Fridays for Future, sicherten am Montag zu: „Wir nehmen diese Kritik sehr ernst und werden den Ablauf der Demo intern nachbereiten.“
Ouali bedauert es, dass aufgrund des vorzeitigen Abbruchs der Veranstaltung die geplanten Reden zu Antisemitismus oder zur Armut nicht mehr gehalten werden konnten. Am Rande der Demo hatte es auch israelkritische Entgleisungen eines linksradikalen Blocks gegeben. „Das tut uns sehr leid, davon distanzieren wir uns“, sagte Ouali gestern.
Es wird wohl nicht die letzte Kundgebung in München gegen Rechts und gegen die AfD gewesen sein, wobei für Wenngatz feststeht: „Jetzt sofort wieder eine Demo zu machen, wäre kontraproduktiv.“ Die riesige Beteiligung sei für sie einer der bewegendsten Momente seit Langem gewesen: „Viele Menschen sind mit einem großen Glücksgefühl nach Hause gegangen. Dieses Gefühl sollte man nun erst einmal wirken lassen.“