VON MIKE SCHIER
Es gerät etwas in Bewegung in diesem Land, das sich lange ausschließlich über die Ampel echauffierte. Erstmals seit Monaten geht in einer Umfrage der AfD-Wert deutlich zurück. Das liegt daran, dass es mit Wagenknecht und Maaßen neue Angebote gibt. Doch auch der Aufstand der Mitte, der sogar in den ersten ostdeutschen Städten Menschen auf die Straße treibt, zeigt Wirkung. Ärger und Sorgen wegen Migration, Inflation oder hohen Belastungen der Mittelschicht lösen sich zwar nicht in Luft auf. Aber zumindest hinterfragen endlich mehr Frustrierte, was die AfD unter Problemlösung versteht.
Mitten in die Debatte – auch um ein AfD-Verbot – platzt zufällig das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, der NPD-Nachfolge-Partei „Die Heimat“ Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu verweigern. Der Grundgedanke ist natürlich völlig richtig: Warum soll der Staat mit Steuergeldern eine Partei unterstützen, die ihn abschaffen will? Manche sehen das Urteil als Blaupause für die AfD. Und auch dafür gäbe es Argumente – wenn man als Steuerzahler einen wie den Jung-Abgeordneten Daniel Halemba („Sieg heil“) finanzieren muss. Und der auch noch Gleichgesinnte im Parlament anstellen darf.
Doch es bleiben Zweifel: Erstens sind die juristischen Hürden – zu Recht – hoch. Zweitens stellt sich die Frage der politischen Klugheit. Ja, der Staat muss wehrhaft sein, doch potenzielle Wähler sollte man besser mit Taten überzeugen. Durch eine Regierung, die Probleme anpackt. Durch eine (demokratische) Opposition, die konstruktiv agiert. Die letzten Tage haben gezeigt, dass die Mitte der Gesellschaft zusammensteht. Die Politiker dieser Mitte sollten den Geist aufnehmen: Vor Monaten hatte Olaf Scholz der Union einen „Deutschlandpakt“ angeboten. Zeit, diese Idee endlich mit Leben zu erfüllen.
Mike.Schier@ovb.net