München – An mehr oder weniger schnittigen Parolen mangelt es der Partei nicht: Die Slogans „Make Wien dicht again“, „Montag? Nein, danke“ oder „Yes, we can’t“ amüsieren nicht nur Österreichs Jugend.
Den flotten Sprüchen der bereits 2015 vom Punkrock-Musiker und umtriebigen Tausendsassa Dominik Wlazny gegründeten Bierpartei folgen auch spektakuläre Taten. 2022 wurde, wenn auch nur temporär, das Wahlversprechen eines Bierbrunnens mitten in der Wiener Innenstadt umgesetzt. Im gleichen Jahr trat der forsche Chef der Spaßpartei – Künstlername Marco Pogo – gegen den Amtsinhaber Alexander Van der Bellen bei der Wahl zum Bundespräsidenten an – und katapultierte sich mit respektablen 8,3 Prozent Stimmenanteil auf den dritten Platz. Seitdem mischt der 37-Jährige ohne politische Erfahrung und finanzielle Unterstützung die an Skandalen und korrupten Köpfen reiche österreichische Politik auf.
Wlaznys nächster Coup: sein Einzug ins Parlament. Ein Ziel, das nicht in allzu weiter Ferne liegt. In nationalen Umfragen liegt der preisgekrönte Rocker, der auch Doktor der Medizin ist, mit seiner Partei immerhin bei rund vier Prozent der Stimmen – genug für den Nationalrat, der im Herbst neu gewählt wird. Besonders groß ist mit rund 20 Prozent die Zustimmung bei den jungen Leuten, die in Wlazny ein anarchisches Gegenstück zum Establishment sehen.
Doch der hat aus dem Satireprojekt längst eine ernst zu nehmende Alternative für diejenigen geformt, die sich – wie in vielen Ländern Europas – frustriert von der Politik abgewendet haben. Auf einer Pressekonferenz gab Wlazny in der vergangenen Woche den erstaunten Zuhörern kund, dass er für Chancengleichheit, gegen Kinderarmut und ein besseres Bildungs- und Gesundheitswesen kämpfe – hinlänglich bekannte Probleme des Landes. Sein Bekenntnis für eine moderne, vielfältige Gesellschaft, die auf Toleranz, Respekt und Fortschritt aufbaut, hebt ihn wohltuend von den vielen anderen irrlichternden Populisten in Europa ab.
Arbeiten muss Wlazny noch an den demokratischen Prinzipien in der Partei selber. Denn in der hat vor allem der Chef selbst das Sagen. Laut Statuten ist nicht das einfache Parteivolk, sondern allein der Vorstand berechtigt, Anträge zu stellen und Wahlvorschläge einzubringen. Und in dem sitzen vier Personen fest im Sattel: Dominik Wlazny, sein Vater Michael, ein Schatzmeister und ein Schriftführer. Eine Partei als Familienbetrieb? In der die Wlaznys schalten und walten, wie sie wollen? Da haben nicht nur Politikwissenschaftler Bedenken.
Dafür lehnt die Bierpartei im Wahlkampf immerhin Großspender ab. Ein in erster Linie medienwirksamer Schachzug, denn Schlange stehen werden die Gönner eh nicht. Vielmehr sollen bis April 20 000 neu geworbene Parteimitglieder das finanzielle Polster sichern. Das sollte dem findigen Dominik Wlazny gelingen. Bereits in den ersten 24 Stunden nach seinem Aufruf traten 2216 Menschen der Bierpartei bei. Eine Investition mit Spaßfaktor: Für 59 Euro Jahresbeitrag gibt’s garantiert frischen Wind in der Alpenrepublik.