Südafrika spricht von einem „entscheidenden Sieg“ für die Rechtsstaatlichkeit. Die Palästinenser jubeln, der Internationale Gerichtshof habe „zugunsten der Menschlichkeit und des Völkerrechts“ entschieden. Aber auch Israel kann insofern zufrieden sein, weil das Haager Gericht nicht die Beendigung des Krieges gegen die Hamas angeordnet hat. Die UN-Richter haben sich also mit einer weisen Entscheidung aus der moralischen Zwickmühle zwischen Israels Recht auf Selbstverteidigung und dem Leid der Zivilisten in Gaza herausgewunden.
Aber auch wenn der Gerichtshof dem Krieg gegen die Hamas prinzipiell seinen Segen erteilt: Der Druck auf Israel, die bisherige Militärstrategie zu hinterfragen und mehr Schutzmaßnahmen für die palästinensische Zivilbevölkerung zu ergreifen, ist noch größer geworden. Bisher hat Benjamin Netanjahu alle Mahnungen aus Washington und Berlin ignoriert. Aber wenn sich der Premier die internationale Unterstützung nicht ganz verscherzen will, wäre er gut beraten, zumindest mit symbolischen humanitären Gesten zu beweisen: Dieser Richterspruch ist uns nicht egal. Unmissverständlich ist die Anweisung des Haager Gerichts, Aufrufe zum Völkermord zu bestrafen. Gemeint sind damit wohl auch die rechtsextremen israelischen Minister, die von Atombomben auf Gaza und Umsiedlungen schwadronieren. Dass Netanjahu Leute wie Itamar Ben-Gvir in seinen Kabinett duldet, schadet dem Ansehen Israels.
Klaus.Rimpel@ovb.net