Tel Aviv/New York – Deutschland und die EU fordern vom UN-Palästinenserhilfswerk eine rasche Aufklärung der Vorwürfe, dass sich ein Dutzend Beschäftigte am Massaker der Hamas in Israel beteiligt haben sollen. Die „New York Times“ veröffentlichte bislang unbekannte Details zu den Anschuldigungen. Demnach war ein UN-Mitarbeiter am 7. Oktober an der Entführung einer Frau aus Israel beteiligt, ein anderer habe Munition ausgeteilt. Und ein dritter soll bei einem Massaker in einem Kibbuz mitgemacht haben, bei dem 97 Menschen starben, wie die Zeitung meldete. Quelle sei ein israelisches Dossier, das der US-Regierung vorliege.
Nach UN-Angaben wurden neun der zwölf Beschuldigten sofort entlassen. Ein weiterer sei tot, die Identität der übrigen zwei werde noch geklärt.
Im vergangenen Haushaltsjahr flossen den Angaben des Sprechers in Berlin zufolge insgesamt 206,5 Millionen Euro vonseiten der Bundesrepublik an UNRWA. Zugleich betonte er, die Bundesregierung werde die palästinensische Zivilbevölkerung nicht im Stich lassen, die humanitäre Hilfe für die Palästinenser gehe weiter.
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini hatte gewarnt, eine Einstellung der Zahlungen werde dazu führen, dass die Organisation binnen weniger Wochen alle Aktivitäten im Gazastreifen stoppen müsse. Das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium hatten am Samstag mitgeteilt, dass Deutschland bis zum Ende der Aufklärung vorerst keine neuen Gelder für UNRWA bewilligen werde. Ohnehin stünden derzeit keine neuen Zusagen an.
Das Dossier enthält laut „New York Times“ Anschuldigungen gegen zwölf UNRWA-Mitarbeiter. Mehr als die Hälfte sei am 7. Oktober als Lehrer oder in anderen Funktionen an Schulen des UN-Hilfswerks tätig gewesen. Von den zwölf Beschuldigten seien zehn Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Hamas.
Der israelische Außenminister Israel Katz teilte mit, er habe angesichts der Vorwürfe ein für Mittwoch geplantes Treffen mit UNRWA-Chef Lazzarini abgesagt. Er forderte erneut, Lazzarini müsse zurücktreten.
Laut „New York Times“ basieren die Anschuldigungen auf Informationen des israelischen Geheimdienstes. Dieser habe unter anderem die Bewegungen von sechs UNRWA-Mitarbeitern am 7. Oktober innerhalb Israels anhand ihrer Telefone nachgezeichnet. Bei anderen wurden Telefongespräche überwacht. Einer sei per Textnachricht aufgefordert worden, raketengetriebene Granaten mitzubringen, die in seinem Haus gelagert worden seien.
Das „Wall Street Journal“ berichtete über weitere Vorwürfe. Ein UNRWA-Sozialarbeiter habe dabei geholfen, die Leiche eines israelischen Soldaten in den Gazastreifen zu bringen. Er habe auch Munitionslieferungen für die Hamas koordiniert, bevor er im Krieg getötet worden sei. Ein Mathematiklehrer und Hamas-Mitglied sei nahe genug an einer weiblichen Geisel gewesen, um ein Foto von ihr zu machen. Ein weiterer UNRWA-Mitarbeiter habe für die Terrororganisation Islamischer Dschihad nach dem Massaker eine „Operationszentrale“ eingerichtet.