München – Christian Lindner ist aufgebracht. „Selten ist ein Bundeshaushalt so intensiv beraten worden“, ruft der Finanzminister ins Plenum. Ein paar Oppositionelle lachen. „Aber es hat sich gelohnt!“, meint Lindner. Kurz zuvor hatte die Union dem FDP-Chef im Bundestag seine Haushaltsplanung um die Ohren gehauen. „Ihr Haushalt ist weit von einem Sparhaushalt entfernt“, sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) an Lindner gerichtet. „Sie geben weitaus mehr als das aus, was dieses Land erwirtschaftet. Wir leben massiv über die Verhältnisse.“
Das hat Zündstoff. Nach monatelangem Streit zwischen den Ampel-Parteien soll der Bundestag am Freitag endlich den Haushalt für das bereits laufende Jahr beschließen. Bis dahin werden noch die Einzelpläne der Ministerien beraten. Eigentlich hätte der Haushalt für 2024 schon vor Monaten stehen sollen. Doch dann kam das Karlsruher Urteil, das Milliardenloch und mit ihm das zähe Hin und Her um neue Sparmaßnahmen.
Nun aber, als der Haushalt in die Schlussberatungen im Bundestag geht, meint die Union: Gespart wird in Wahrheit gar nicht – stattdessen wolle die Ampel den Leuten nur vormachen, sie priorisierte knallhart und striche Ausgaben. Das Haushaltspaket sei „sozial völlig unausgewogen“, sagt Middelberg. Belastet würden Geringverdienende und Rentner.
In einer hitzigen Rede verteidigt Lindner den Etatplan für 2024. Er spreche nicht „von einem Sparhaushalt, sondern von einem Gestaltungshaushalt“, sagt er. „Als Sie zuletzt einen Bundeshaushalt aufgestellt haben, haben Sie kaum Zinsen gezahlt“, wirft er der Union vor. „Jetzt sind es im Jahr 36 Milliarden Euro.“ Trotzdem investiere die Ampel in „Schiene, Straße und Digitalnetze auf Rekordniveau“.
Er verteidigt aber auch die Schuldenbremse. Die Schuldenquote sei von 69 Prozent im Jahr 2021 auf 64 Prozent gesunken. „Und nicht nur, weil es ein Gebot der Verfassung ist, sondern auch, weil es angesichts der Zinskosten, die wir haben, ein Gebot der Vernunft ist, so zu handeln“, sagt Lindner. Die Neuverschuldung soll 39,03 Milliarden Euro betragen, was exakt der Obergrenze laut Schuldenbremse entspricht.
Die SPD hatte hingegen vor Beginn der Haushaltsdebatte erneut auf die Aussetzung der Schuldenbremse gepocht. „Im Lichte der weiteren Entwicklungen gerade auch in der Ukraine werden wir in der Koalition noch einmal darüber reden müssen, die Schuldenbremse für 2024 auszusetzen“, sagte Fraktionsvize Achim Post. Auch der Sachverständigenrat Wirtschaft, die sogenannten Wirtschaftsweisen, dringt auf eine Lockerung der Schuldenbremse: „In ihrer aktuellen Ausgestaltung ist die Schuldenbremse starrer, als es zur Aufrechterhaltung der Schuldentragfähigkeit notwendig ist“, kritisiert das Gremium.
Am heutigen Mittwoch wird in der sogenannten Generaldebatte erneut ein Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition erwartet: Dann werden auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) ihren Senf dazugeben. kab, dpa, afp