Es wird ein großes, greifbares Stück der Zeitenwende sein, wenn die Fregatte Hessen bald zum Einsatz ins Rote Meer aufbricht. Das mag militärisch einfacher sein als die langen, teuren und letztlich gescheiterten Missionen deutscher Soldaten in Mali und Afghanistan. Es hat aber eine neue Qualität: Erstmals wird die Bundeswehr einen Handelsweg militärisch schützen. Gegen Raketen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen soll sie unsere Wirtschaft verteidigen. Waffengewalt für unseren Wohlstand – das ist eine neue Realität, an die sich viele erst noch gewöhnen müssen. Und gewöhnen sollten, denn auch das ist ein Aspekt der Landesverteidigung in einer exportabhängigen, rohstoffarmen Nation.
Der Einsatz zum Schutz der Handelsschiffe, so weitreichend er sich anfühlen mag, ist ohnehin nur ein Mittelweg. Ein Herantasten an neue Verantwortung. Die weitaus schwierigere Mission, proaktiv Huthi-Stellungen und ihre Führer an Land zu bombardieren, überlassen wir den USA und den Briten. Das funktioniert vorerst noch. Vor heiklen Entscheidungen wird es die deutsche Seite aber nicht lang bewahren: Welche Huthi-Raketen sind abzufangen, nur jene auf Schiffe oder auch jene, die auf Ziele in Israel fliegen? Und dürfen bei einer akuten Attacke deutsche Soldaten dann doch die Abschussanlagen an Land angreifen? Also: Wo sind die Grenzen der Selbstverteidigung? Der Bundestag, der die Soldaten entsendet, muss darauf zügig Antworten finden.
Christian.Deutschlaender@ovb.net