Köln – Verdacht erhärtet: Die Einstufung der Jugendorganisation der AfD als gesichert extremistische Bestrebung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist rechtens. Das Verwaltungsgericht Köln hat einen Beschluss veröffentlicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich zufrieden: „Die Entscheidung benennt deutlich, dass wir es mit einer massiven Menschenverachtung, mit Rassismus, mit Hass gegen Muslime und mit Angriffen auf unsere Demokratie zu tun haben“, sagte sie. „Dagegen werden wir auch weiter mit den Mitteln des Rechtsstaats vorgehen.“
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD und ihre Jugendorganisation Junge Alternative (JA) können Beschwerde am nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht dagegen einlegen (Az: 13 L 1124/23). Bislang hatte der Verfassungsschutz die Jugendorganisation als Verdachtsfall eingestuft. Im April 2023 teilte das BfV mit, dass sich durch die Verdachtsfallbeobachtung Hinweise ergeben hätten, dass sich bei der AfD-Jugend Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verdichtet hätten. Es folgten juristische Kämpfe durch mehrere Instanzen. Einen Eilantrag von AfD und ihrer Jugend hat das Verwaltungsgericht Köln jetzt abgelehnt.
Die Richter argumentieren, dass das Bundesverfassungsschutzgesetz auf die Antragstellerinnen anwendbar und die Beobachtung durch das BfV zulässig sei. In der Sache handelt es sich bei der JA um eine gesichert extremistische Bestrebung. „Die tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen haben sich (…) zur Gewissheit verdichtet.“
Die Jugendorganisation vertrete einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff. Der Ausschluss „ethnisch Fremder“ sei eine zentrale Vorstellung der JA und damit ein Verstoß gegen die Menschenwürde, erläutert das Gericht in der 70-seitigen Begründung. Das Grundgesetz kenne keinen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Volksbegriff. „Hinzu kommt bei der JA eine fortgeführte massive ausländer- und insbesondere islam- und muslimfeindliche Agitation. So werden Asylbewerber sowie Migranten pauschal verdächtigt und herabgewürdigt. Einwanderer werden allgemein als Schmarotzer und kriminell bezeichnet oder in anderer Weise verächtlich gemacht und dadurch in ihrer Menschenwürde missachtet“, schreibt das Gericht. Die JA handele auf allen politischen Ebenen gegen die Prinzipien der Demokratie. Die Bundesrepublik werde mit diktatorischen Regimen, „insbesondere dem NS-Regime und der DDR“ gleichgesetzt.
„Das Urteil zeigt, dass unser Rechtsstaat wehrhaft ist“, sagte Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Gerade deshalb ist es so wichtig, ihn vor Verfassungsfeinden zu schützen.“ Aus der SPD wurde der Ruf laut, jetzt ernsthaft ein AfD-Verbot vorzubereiten. Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh sagte dem Spiegel: „Die JA ist kein solitärer Verein, sondern eindeutig der AfD auf Bundesebene zuzurechnen. Wir sollten aus Verfassungspatriotismus und Stolz auf unsere Verfassung den Schritt eines Verbotes nun meiner Meinung nach vorbereiten und angehen.“ dpa/cd