München – Immer wieder Berlin. An den Hochschulen der Hauptstadt kommt es vor allem seit Beginn des Gaza-Krieges regelmäßig zu antisemitischen oder antiisraelischen Vorfällen. Erst am Donnerstag störten propalästinensische Aktivisten eine Podiumsdiskussion an der Humboldt-Universität (HU) so sehr, dass sie abgebrochen werden musste. Grund war wohl, dass die israelische Richterin Daphne Barak-Erez eingeladen war.
Die HU bestätigte den Vorfall in einer gemeinsam mit der Hertie School verfassten Mitteilung. Während der Veranstaltung stand demnach eine Person auf, um ein Statement zu verlesen. Als die Vortragenden darauf reagieren wollten, seien sie „durch lautes und andauerndes Gebrüll einzelner Personen“ gestört worden. Die Organisatoren brachen die Diskussion ab. Im Netz kursierten Videos, auf denen Besucher nach Abbruch der Veranstaltung zu sehen sind. Im Hintergrund ertönen laute Rufe.
„Ich empfinde es als beschämend gegenüber den Gästen, die wir zu einer wichtigen Diskussion eingeladen haben, dass diese nicht wie geplant stattfinden konnte“, erklärte HU-Präsidentin Julia von Blumenthal. In der Uni müssten „auch äußerst kontroverse Positionen diskutiert werden können“. Das gehe nur, wenn man sich zuhöre. „Dazu gab es vonseiten der Aktivisten heute keine Bereitschaft.“
Erst vor wenigen Tagen war an der Freien Universität Berlin (FU) ein 30-jähriger jüdischer Student von einem propalästinensischen deutschen Kommilitonen (23) angegriffen und schwer verletzt worden. Der Mann kam mit Knochenbrüchen im Gesicht in eine Klinik. Nach der Tat gab es scharfe Kritik an der Uni-Leitung, weil sie antisemitische Vorfälle angeblich nicht ernst genommen habe. Uni-Präsident Günter Ziegler wies die Vorwürfe im „Tagesspiegel“ zurück. Antisemitische Aktionen würden schnellstmöglich geahndet. Über einen Rauswurf des Angreifers will Ziegler mit der Politik beraten.
Vor allem Berliner Unis haben offenbar ein Problem mit Judenhass unter den Studenten. Der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn sagte, der Angriff auf den Studenten sei „Ausdruck einer insgesamt antisemitisch verhetzten Stimmung“. An den Unis radikalisiere sich eine laute Minderheit immer schneller, jüdische Studenten hätten zunehmend Angst.
Auch in der Universität der Künste (UdK) war es im November zu einem viel beachteten Vorfall gekommen. Bis zu 100 Menschen, meist Studenten, sammelten sich im Foyer und schrien Uni-Präsident Norbert Palz nieder. Ihre Hände hatten sie mit blutroter Farbe bemalt, die Stimmung war aggressiv. Mitarbeiter der Uni äußerten sich am Donnerstag besorgt: Es sei unerträglich und nicht hinnehmbar, „dass jüdische, israelische und antisemitismuskritische Personen“ auch an der UdK diskriminiert und bedroht würden.