Es klang wie ein leicht verzweifeltes Ich-bin-auch-noch-da! Mitten in die Diskussion um die Amtstauglichkeit von Joe Biden („wohlmeinender, älterer Mann mit einem schlechten Gedächtnis“) meldet sich Vizepräsidentin Kamala Harris zu Wort. „Ich bin bereit, meinem Land zu dienen. Daran gibt es keinen Zweifel“, sagte die Demokratin, die morgen zur Sicherheitskonferenz in München erwartet wird. Offenbar gibt es jedoch sogar erhebliche Zweifel – sonst müsste Harris das nicht so betonen.
Zu Beginn ihrer Amtszeit galt die heute 59-Jährige, die eine steile Karriere als Juristin hingelegt hatte, als das Zukunftsversprechen der Demokraten. Erfüllt hat sie das nicht. Biden halste ihr die unangenehmsten Aufgaben auf, allen voran das Problem der illegalen Grenzübertritte aus Lateinamerika. Daran haben sich schon mehrere Generationen von Politikern die Zähne ausgebissen, übrigens auch Donald Trump, was ihn nicht daran hindert, Migration wieder zum Wahlkampfschlager zu machen.
Harris aber – man muss das so sagen – hat ihre Chance nicht genutzt. Trotzdem zählt Biden weiter auf sie, was strategische Gründe haben dürfte. Als Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters bindet sie wichtige Wählergruppen. Zudem hat das Team Biden/Harris die Unterstützung der ganzen Partei, was bei den gespaltenen Demokraten (hier das konservative Land, dort woke Städter) nicht selbstverständlich ist. Nur: Je älter Biden wird, desto wahrscheinlicher wird auch eine US-Präsidentin Kamala Harris.
Mike Schier@ovb.net