Und worauf verzichten Sie? Aus dem biederen Gebot des Fastens, eine von immer weniger Gläubigen ernst genommene religiöse Pflicht für Katholiken zwischen Aschermittwoch und Ostern, ist über die letzten Jahrzehnte eine muntere, lebendige Praxis geworden. Sieben Wochen ohne – Fleisch, Alkohol, Rauchen, Schokolade, oder Auto, sogar Facebook, Twitter und Online-Daddelei. Also Verzicht auf Konsum, der uns im Alltag lieb geworden, aber im Übermaß gefährlich ist. Wir reißen uns los.
Es ist spannend, dass in einer Überflussgesellschaft dieser Brauch nicht untergegangen ist. Er musste sich dazu immens verändern: Das heutige Fasten ist von keiner Obrigkeit verordnet, sondern geht vom Einzelnen aus. Es ist genau deshalb quer durch alle Generationen so populär. Wer fastet, geißelt sich nicht, sondern hinterfragt sich. Er durchbricht seine Muster, will Alltägliches neu schätzen, einen klaren Blick dafür, was wesentlich ist. Und nein, es ist nicht verwerflich, sich mal kleine Schlupflöcher zu nehmen. Sei’s ein „Joker“ für den einen Kneipenabend mit den besten Freunden oder eine großzügige Definition der Frage, was eine Süßspeise ist. Wer genau nachzählt: Sogar die gestrenge Kirche hat die Fastenzeit auf 46 Tage angelegt, zählt aber nur 40 Fastentage – Sonntage ausgenommen als Tage der Freude. Eine Tradition lebt: Fröhlichen Verzicht allerseits!
Christian.Deutschlaender@ovb.net