Alle predigen und wünschen, dass Bürokratie in Staat und Wirtschaft abgebaut wird. Dazu passt aber nicht eine Regierung, die ständig neue Gesetze ausspuckt. Jeder neue Paragraf schafft doch neue Verwaltungsaufgaben. Die deutsche Wirtschaft trägt in der EU die rote Laterne. Sie wächst in diesem Jahr nach seriösen Schätzungen nur um 0,2 Prozent. Das hängt auch damit zusammen, dass die ohnehin knappen Mitarbeiter immer mehr mit unproduktiven Verwaltungsaufgaben beschäftigt werden müssen.
Statt nun Gebote und Verbote für die Wirtschaft aufzuheben, stehen immer neue Regelungen vor der Tür wie ein verschärftes Lieferkettengesetz und das Tariftreuegesetz. Letzteres ist ein Lieblingsprojekt der Gewerkschaften und des ihnen gefälligen Arbeitsministers Hubertus Heil. Es hat zum Ziel, alle Unternehmen in Tarifverträge zu zwingen, die nicht unwesentlich von öffentlichen Aufträgen abhängen. Es darf dann überall nur noch zu gleichen Arbeitsbedingungen gearbeitet werden, ohne Rücksicht auf besondere Umstände einzelner Betriebe oder auch verschiedener Regionen in Deutschland.
Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was dann auch bürokratisch auf die Unternehmen zukommen wird, gibt eine im Vorgriff auf die kommende gesetzliche Regelung schon praktizierte sechsseitige „Verpflichtungserklärung“ der IG Metall. Die hat jedes Unternehmen zu unterzeichnen, das mit der Gewerkschaft in eine noch so kleine Geschäftsverbindung treten will. Es wird darin bestätigt, dass der Auftragnehmer einen umfangreichen „Verhaltenskodex der IG Metall“ einhalten wird. Zusätzlich ist ein „Lieferantenfragebogen“ auszufüllen, in dem versichert wird, dass man etwaige Subunternehmen nur beauftragen wird, wenn auch diese einen Betriebsrat haben.
Ein anderer bürokratischer Schildbürgerstreich aber ist, dass der Gesetzgeber neben dem Handelsregister inzwischen ein sogenanntes Transparenzregister geschaffen hat. Dorthin sind insbesondere alle, wie es heißt, „wirtschaftlich Berechtigten“ eines Unternehmens zu melden. Und wehe, es ist etwas übersehen worden oder ausgelassen. Der Justiziar eines dieser Zeitung nahestehenden Unternehmens bekam dazu vom Verlag des Bundesanzeigers, den die Behörde beauftragt hat, eine zweiseitige „Unstimmigkeitsmeldung“, weil bei dem Vornamen eines wirtschaftlich Berechtigten nur der Rufname angegeben war. Ein zweiter Vorname, der im Personalausweis ebenfalls eingetragen ist, war – o wie furchtbar – vergessen worden.
Eine Kleinigkeit? Vielleicht! Aber Tausende solcher „Kleinigkeiten“ müssen heute von den Verwaltungen auch kleinerer Unternehmen beachtet werden und es werden immer mehr. So wird Arbeitskraft auf Themen vergeudet, die mit der eigentlichen Aufgabe eines Betriebes nichts zu tun haben. Eine ins maßlose wachsende Betriebsbürokratie legt sich wie Mehltau über eine Pflanze auf unsere Unternehmen und Unternehmer. Ständig steigt diese Last, weil immer neue Vorschriften um die Ecke kommen.
Vor Jahren schon hat der spätere Bundespräsident Herzog in einem Aufsatz die unselige „Liaison zwischen Bürokratismus und Sozialismus“ beklagt. Die aber ist sozusagen das Wappenschild rot-grüner Wirtschaftslenkung. So muss man, wie in Shakespeares Hamlet-Tragödie, sagen: „Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode.“ Eine Methode freilich, die früher oder später zum Erlahmen staatlicher Verwaltung wie unternehmerischer Aktivität führen muss.
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