München/Berlin – Als Olaf Scholz seine letzte Unterschrift auf das viele, viele Seiten lange Dokument setzt, grinst er kurz. Dann steht er auf und drückt den Ordner Wolodymyr Selenskyj in die Hand. Ein „historischer“ Schritt, sagt der Kanzler. Die beiden Staatschefs präsentieren den Kameras stolz ihr neues Abkommen: Beide Länder sind jetzt langfristig über einen Sicherheitspakt miteinander verbunden.
Den Vertrag hat der ukrainische Präsident am Freitag noch schnell auf seiner Expressreise eingetütet: Berlin, Paris, München – in unter 24 Stunden. Kanzler Olaf Scholz (SPD) betont, das Dokument dürfe nicht unterschätzt werden. Es sei eine Zusicherung, dass die Ukraine so lange wie nötig mit Waffenlieferungen unterstützt werde. „Wichtig ist: Putin hat kein einziges seiner Ziele erreicht“, sagt Scholz. Die ukrainischen Streitkräfte hätten dagegen mehr als die Hälfte der Gebiete, die Russlands Truppen besetzt hatten, befreien können. „Die Widerstandskraft der Menschen in der Ukraine ist bewundernswert.“
Das Sicherheitsabkommen wurde bereits im vergangenen Juli von den Staats- und Regierungschefs der Nato beschlossen. Damals wurde im litauischen Vilnius vereinbart, dass alle Mitgliedstaaten bilaterale Vereinbarungen abschließen sollen, um die Sicherheit der Ukraine langfristig zu gewährleisten. Großbritannien hat im Januar den Anfang gemacht. Die anderen Nato-Staaten sollen nun nach und nach mit ihren Zusagen folgen. Deshalb Selenskyjs Weiterreise nach Paris: Am Abend unterzeichnet auch Präsident Emmanuel Macron ein Abkommen mit Selenskyj. Es enthält unter anderem die Zusage von bis zu drei Milliarden Euro zusätzlicher Militärhilfe für 2024. Bislang unterstützen die Franzosen Kiew deutlich weniger als die Deutschen.
Scholz sichert seinem ukrainischen Amtskollegen zudem weitere Waffenlieferungen im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro zu – unter anderem 36 Haubitzen, 120 000 Schuss Artilleriemunition, zwei Luftverteidigungssysteme sowie Flugkörper vom Typ Iris-T. Selenskyj richtet seinen Dank für die Unterstützung seines Landes an das deutsche Volk: Die Hilfe sei „lebenswichtig für die Ukraine, für unsere Kämpfer an der Front“. Der Sicherheitspakt spiegele „die fundamentale Rolle Deutschlands für die Wahrung der Normalität in Europa und der Welt“ wider.
Klar ist: Der Sicherheitspakt hat einen eher symbolischen Wert – denn bindend ist er nicht. Deutschland ist mit der Vereinbarung auch keine finanzielle Verpflichtung eingegangen. Aber sie enthält eine Botschaft an Putin: Deutschland wird die Ukraine weiter militärisch unterstützen, lautet sie – unter anderem durch weitere Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten. Als eine Art Gegenleistung für die deutschen Zusagen sichert die Ukraine unter anderem zu, ihren Reformkurs fortzusetzen. Konkret geht es dabei um Fortschritte in den Bereichen Justiz, Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche. (mit dpa/afp)