Putin schockt München zum zweiten Mal

Siko der Ratlosen muss zum Wendepunkt werden

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

So verunsichert, ja verzweifelt wie auf der Sicherheitskonferenz 2024 hat man den Westen noch nie erlebt. Putins Psychokrieg ging in München voll auf: Schon zur Eröffnung präsentierte der Kremlchef seine beiden furchtbaren Trophäen – den Tod der Widerstandsikone Alexej Nawalny und die Eroberung der lange heftig umkämpften ukrainischen Stadt Awdijiwka. Es war der zweite Münchner Schockmoment nach Putins Kalter-Krieg-Rede 2007. Der uneinige Westen dagegen musste seine Wunden lecken. In Washington bezichtigte Präsident Biden die Trump-Anhänger im Kongress, mit ihrer Blockade von Hilfen für Kiew eine Mitschuld zu tragen am Fall der Stadt. Und auch über den Kanzler regte sich viel Unmut nach seiner Siko-Rede, weil sie bei der Beschreibung der düsteren Lage stehen blieb, statt Putins brutale Kampfansage angemessen zu beantworten – etwa mit der Ankündigung, der Ukraine nun endlich Taurus-Raketen zu liefern.

Etwas besser machte es Wirtschaftsminister Habeck mit seinem – leider aber auch zwei Jahre verspäteten – Aufruf an die eigene Ampelregierung, endlich zwei Gänge höher zu schalten und die Rüstungsproduktion hochzufahren, was langfristige Abnahmeverträge mit den Herstellern erfordert und damit mehr Geld (und wohl auch Schulden) für die Verteidigung – wofür der Grüne zu Recht auch die sich sträubende Union mit in die Pflicht nahm.

„Ohne Sicherheit ist alles andere nichts“, war der Satz, der aus der Kanzlerrede hängen blieb. Nur darf es nach dieser Siko bei Worten nicht mehr bleiben. Von ihr muss ein Wendesignal ausgehen. Die Taurus-Marschflugkörper, der Hochlauf der Waffenproduktion, die Debatte über einen europäischen nuklearen Schirm mit Frankreich und Polen, ein EU-Rüstungskommissar, die Bereitstellung massiver Finanzmittel – all das muss jetzt auf den Tisch, wenn die Opfer der heldenhaft kämpfenden Ukrainer nicht vergebens sein sollen und Europa nicht warten will, bis Putin das nächste Land angreift. Doch muss der Kanzler dazu endlich Führung zeigen.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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