VON GEORG ANASTASIADIS
Ist das eine Regierung – oder nur noch die Karikatur davon? In atemberaubendem Tempo zerfällt die Autorität des Kanzlers in der Ampelkoalition. Teile der FDP kündigen an, im Bundestag mit der Union für die Taurus-Lieferung an Kiew zu stimmen – ein unerhörter Vorgang und Affront gegen Olaf Scholz. Zugleich blockieren die Grünen das mit SPD und FDP vereinbarte Bundesgesetz zur Bezahlkarte für Asylbewerber. Und SPD-Fraktionschef Mützenich brüskiert den eigenen Kanzler und die FDP, indem er die von beiden abgelehnte Aufhebung der Schuldenbremse auf die Tagesordnung setzt. Über die darf ja diskutiert werden. Nur sollte vor neuen Schulden erst mal ein Sparpaket geschnürt werden. Die Reihenfolge stimmt nicht.
Leicht hatte es die Ampel wegen ihrer weltanschaulichen Differenzen nie. Über eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners kamen SPD, Grüne und FDP nicht hinaus. Doch jetzt nehmen die Fliehkräfte überhand, fallen die Koalitionäre in offener Feldschlacht übereinander her. Egal ob Asyl, Etat, Verteidigung oder Wirtschaft – überall herrscht Zerrüttung. Während nebenan in Europa ein Krieg tobt und die Wirtschaft abschmiert, wird das Chaos in der Regierung zum Risiko für Sicherheit und Wohlstand.
Ob aber eine neue Koalition aus Union und SPD den Neuanfang schaffen kann? Mützenichs Kampfansage an jedwede Kürzung am Sozialstaat zeigt, dass nicht jeder die Zeitenwende und die Notwendigkeit einer grundlegenden Neuausrichtung des Bundeshaushalts in Richtung Verteidigung und Stabilisierung der Wirtschaft erkannt hat. Er lasse nicht zu, dass Ukrainehilfen gegen soziale Sicherung und Klimawandel ausgespielt werden, sagt Mützenich. Das ist das alte Wortgeklingel der SPD-Linken. Die Wahrheit ist: Lieber hält er hunderttausende Ukraine-Flüchtlinge im deutschen Bürgergeld und damit fern vom Arbeitsmarkt und der Verteidigung ihrer Heimat. Der Kanzler steht vor den Trümmern seiner Politik – und bald vermutlich auch seiner Regierung.
Georg.Anastasiadis@ovb.net