Washington – Zwei Amtszeiten lang hatte die Republikanerin Nikki Haley den Bundesstaat South Carolina als Gouverneurin geleitet. Und doch reichte dies am Samstag nicht dazu, dem großen Parteifavoriten Donald Trump bei den Vorwahlen die erste Niederlage zu bescheren. Trump sicherte sich rund 60 Prozent der Stimmen, Haley bekam knapp 40. Andere Bewerber hätten nach dieser Niederlagenserie – Trump gewann die Abstimmungen in Iowa, New Hampshire und Nevada deutlich – längst das Handtuch geworfen. Doch Haley will, das kündigte sie in ihrer Rede am Samstagabend an, weitermachen.
Ihr wichtigstes Argument: Sie glaube nicht, dass Trump im November Joe Biden schlagen könne. Und: „40 Prozent sind doch keine kleine Zahl.“ Sie werde das Rennen nicht aufgeben, weil die Mehrheit der Bürger sowohl Biden wie auch Trump negativ sehe.
Doch will Haley Trump tatsächlich verhindern, muss sie spätestens am 5. März – dem „Super Tuesday“, an dem in 15 Bundesstaaten gewählt wird – die große Mehrheit der Siege einfahren. Dagegen sprechen sowohl die bisherigen Misserfolge und die Erhebungen der Demoskopen. Trump könnte von Mitte März an uneinholbar sein, was die Zahl der Delegierten für den Nominierungsparteitag im Sommer angeht.
„Heute ist nicht das Ende unserer Story“, sagte Haley. Das klang dann fast schon so, als bleibe sie vor allem im Rennen, um sich für zukünftige Aufgaben zu empfehlen – beispielsweise eine Spitzenkandidatur im Jahr 2028. Einige Beobachter spekulieren sogar, Haley könnte im Sommer erklären, als parteilich Unabhängige im November anzutreten. Doch erfahrungsgemäß haben solche Bewerber keine Chance und können allenfalls einem der Favoriten den Sieg verderben – was in diesem Fall dann wohl Trump wäre.
Dieser bejubelte seinen Erfolg in einer Massen-Email an seine Unterstützer, als habe er bereits die Präsidentschaft sicher. „Totaler Sieg!“ lautete die Überschrift der Mail, mit der er erneut um Spenden für seine Kampagne bat. Es war eine Formulierung, mit der Trump – gewollt oder ungewollt – erneut an die Nazi-Ära in Deutschland erinnerte. Im Dezember letzten Jahres hatte er bereits in einer Rede formuliert, Einwanderer würden „das Blut Amerikas vergiften“ – und später angegeben, er habe nicht gewusst, dass Adolf Hitler ähnliches verbreitet hatte. Er habe niemals „die Werke Hitlers gelesen“, verteidigte sich Trump.
Auch mit weiteren Wortmeldungen sorgte der Kandidat am Wochenende für harsche Kritik. Bei einem Auftritt in der Stadt Columbia behauptete er, schwarze Wähler fänden ihn attraktiv, weil sie wie er selbst oft angeklagt und auf Polizeifotos erschienen. Sie sähen ihn deshalb als Politiker, der auch diskriminiert werde.
Haley nannte diese Aussage umgehend „widerlich“. Solche Formulierungen werde es jetzt wohl jeden Tag geben, so die Kandidatin. Trump war am Samstag auf einer Veranstaltung der konservativen CPAC-Organisation in Washington erschienen und hatte die US-Nationalflagge geküsst, bevor er auf die Bühne trat. Er werde, so Trump, die „gefangen gehaltene Nation von Joe Biden und seiner Gang sehr schlechter Menschen befreien“. Dann erklärte sich Trump auch noch als „stolzer politischer Dissident“ – eine Anspielung auf den toten Kreml-Kritiker Alexei Nawalny. FRIEDEMANN DIEDERICHS