Amüsant, aber ziemlich deftig

von Redaktion

Die phasenweise schroffe Fastenpredigt trifft nicht bei allen den Geschmack – Reiter stimmt zu, Söder hadert

München – Michaela Kaniber hat diesmal besonders genau hingeschaut. Die Landwirtschaftsministerin ist beim Starkbieranstich ein ungewohntes Gesicht auf der Bühne, entsprechend groß war ihre Neugier. Klar, besonders auf ihr Double Judith Toth war sie gespannt. „Mal sehen, was für Ticks die Kaniber hat“, sprach also die echte Kaniber eine halbe Stunde vor Beginn des Starkbieranstichs.

Es war dann zum Beispiel das rollende R, das Toth demonstrativ erklingen ließ. Eigentlich eine fränkische Spezialität, aber auch der Oberbayerin Kaniber nicht fremd. Insgesamt kam die Ministerin nicht schlecht weg. Anderen erging es da schlechter.

Auch routinierte Nockherberg-Gäste und regelmäßig Derbleckte blicken immer wieder mit einer Mischung aus Vorfreude und banger Erwartung auf den Abend, an dem ihnen nicht nur Freundlichkeiten serviert werden. Markus Söder zum Beispiel ahnte zurecht, „dass es die eine oder andere Spitze geben wird – völlig ungerechtfertigt natürlich“. Auch die weiteren üblichen Verdächtigen hatte er schnell ausgemacht. „Meinen Stellvertreter, völlig gerechtfertigt natürlich“, und ein paar andere, „die bitten und betteln werden“ um ein bisschen Spott. Gemeint war natürlich die Ampel.

Was den Ministerpräsidenten betraf, so war ihm seine langjährige Erfahrung dann aber sehr behilflich. Die meisten Spitzen und Schmähungen lächelte er tapfer weg, doch man sah, dass es ihm manchmal arg schwer fiel. Dass ihm die Fastenpredigt von Maxi Schaftroth „ganz gut gefallen“ habe, war schon das höchste Lob. Insgesamt sei sie „ein bisschen überzeichnet“ gewesen, und das war aus seiner Sicht mehr als nur ein bisschen untertrieben: „Was er macht, da ist die Politik ein Witz dagegen.“

Kevin Kühnert, der SPD-Generalsekretär, war gestern zum ersten Mal Gast auf dem Nockherberg. Einerseits als „Ampel-Abgesandter“, wie er zu Beginn des Abends fröhlich mitteilte, andererseits zur beruflichen Fortbildung: „Um zu sehen, wie man wirklich gut streiten kann.“ Den bayerischen Umgang mit der Politik bekam er mehr als anschaulich demonstriert, und am Ende schien Kühnert regelrecht erleichtert, dass auch mal andere so einstecken müssen wie in Berlin sonst nur die Ampel: „Wie intensiv das hier beleuchtet wird, ist beeindruckend.“

Niemand bekam in dieser Hinsicht gestern Abend so viel Scheinwerferlicht ab wie Hubert Aiwanger. Der Wirtschaftsminister glaubte anfangs noch, das passende Heilmittel parat zu haben: „Drei Mass Bier, dann werde ich es schon aushalten.“ Einen schweren Kopf hätte er dann aber tatsächlich bekommen können, so viel bekam er zu hören und – beim fünffachen Auftritt als Schüler Aiwanger – auch zu sehen. Doch weil er es „fast noch schlimmer erwartet“ hatte, wie er zähneknirschend gestand, konnte er sich am Ende „noch ganz gut damit arrangieren“. Nicht alle urteilten so diplomatisch. Uli Hoeneß fand die Schüler-Einlage „übers Ziel hinausgeschossen“ und haderte insgesamt: „So wichtig, wie er hier gemacht worden ist, ist er nicht“. Davon abgesehen fand er den Abend „sehr gut“.

Es waren so einige Passagen der Fastenpredigt, die Dieter Reiter als „ziemlich deftig“ empfand, aber keine anderen schienen den OB so zu berühren wie die zahlreichen Aiwanger-Spitzen. Der Freie-Wähler-Chef habe „sehr deutlich vor Augen geführt bekommen, was viele Leute davon halten“, wie er Politik betreibe. Man könne sich da fragen, fand Reiter, „ob das der richtige Politikstil ist“. Das klang ungewöhnlich ernst für einen solchen Anlass, aber Reiter hatte seine Worte sorgfältig bedacht. Die Predigt sei „schon amüsant“ gewesen, aber: „Er hat uns die Leviten gelesen.“

Praktisch die Einzige, bei der Schafroth eine Ausnahme machte, war Ilse Aigner. Die Landtagspräsidentin kam gut weg, doch nicht nur deshalb zollte sie der Predigt Lob. Die zum Teil schroffe Kritik fand ihre Zustimmung: „Was in den letzten zwölf Monaten gelaufen ist, hatte nichts mit Politik zu tun.“ CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek lobte „die klare Kante am Schluss gegen die AfD“ und würdigte „ein paar gute Pointen“. Er bemängelte aber auch: „Ein paar Dinge fand ich nicht sehr witzig.“  mb/sco

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