Neue Asyl-Regel: Zahnbehandlung nach drei Jahren

von Redaktion

Zugang zur Krankenversicherungs-Leistung statt bisher nach 18 künftig erst nach 36 Monaten

München – Der Satz hatte es in sich: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine“, hatte Friedrich Merz im September 2023 über abgelehnte Asylbewerber in Deutschland gesagt. Was folgte, war eine aufgeregte Debatte, die sich irgendwo zwischen „Geht gar nicht“ und „Im Kern ist da was dran“ bewegte.

Zumindest in dieser Pauschalität war die Aussage des CDU-Chefs aber nicht haltbar. Denn selbst wenn es für einzelne Zahnärzte tatsächlich lohnend erscheinen würde, sich auf Leistungen für Asylbewerber zu spezialisieren, greifen gesetzliche Einschränkungen. In den ersten 18 Monaten im Land erhielten hilfebedürftige Asylbewerber und Geduldete auch damals schon nur eine eingeschränkte medizinische Versorgung.

Und doch scheinen Bund und Länder an dieser Stelle Anpassungsbedarf gesehen zu haben. Denn bei ihrem Migrationsgipfel am 6. November beschlossen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten eine weitreichende Veränderung im Asylbewerberleistungsgesetz, die in dieser Woche in Kraft getreten ist. Sogenannte Analogleistungen – also Leistungen, die in Art und Höhe der Sozialhilfe entsprechen – erhalten darunter fallende Asylbewerber und Geduldete statt bisher nach 18 Monaten nun erst nach 36 Monaten. Dann bekommen sie auch eine elektronische Gesundheitskarte und Zugang zu den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Im Umkehrschluss heißt das, dass ihnen seit Dienstag drei Jahre lang nur eingeschränkte Gesundheitsleistungen zur Verfügung stehen. „Diese umfassen die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung sowie bestimmte Vorsorgeleistungen, Schutzimpfungen sowie Gesundheitsleistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt“, teilt das Bundessozialministerium auf Nachfrage unserer Zeitung mit. „Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.“ Auch darüber hinaus gebe es alles, was über die Grundleistungen hinausgeht, während dieser Zeit nur im Einzelfall, „wenn die Leistungen zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind.“

In Bayern gibt es, was die Zahnbehandlung angeht, schon seit 2015 eine sogenannte Positivliste mit Behandlungen, die von Anfang an – und nun für 36 Monate – gewährt werden sollen. Sie umfasst vor allem, was notwendig ist, um „Schmerzfreiheit“ zu erreichen, erklärt die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns. „Dazu zählen Wurzelkanalbehandlungen, Füllungen und das Ziehen von Zähnen.“

Sonderfall: Für diejenigen, die schon jetzt seit 18, aber noch nicht seit 36 Monaten in Deutschland sind, greift ein Bestandsschutz. „Die betroffenen Personen fallen nicht in den Grundleistungsbezug zurück, sodass sie bei Hilfebedürftigkeit weiterhin Gesundheitsleistungen in entsprechendem Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung erhalten“, führt das Sozialministerium aus.

Grundsätzlich anders ist die Lage bei hilfebedürftigen Flüchtlingen aus der Ukraine. Sie erhalten von Anfang an Zugang zum vollen Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung. SEBASTIAN HORSCH

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