Mit jedem Tag, an dem im Gazastreifen weiter Zivilisten sterben, mit jedem Drama wie den vielen Toten beim Ansturm auf einen Hilfskonvoi wird es schwieriger für die Verbündeten Israels, den Kurs der Regierung von Benjamin Netanjahu weiter zu unterstützen. Wenn Emmanuel Macron nun in scharfen Worten Aufklärung über die Schüsse in die Menschenmenge bei der Lebensmittel-Lieferung in Gaza fordert, hängt das auch damit zusammen, dass der französische Präsident die aufgewühlte Stimmung unter den vielen arabischstämmigen Franzosen berücksichtigen muss.
Noch komplexer ist das Nahost-Problem für Joe Biden, denn im erwartbar engen Kampf um seine Wiederwahl will er weder die traditionell starke jüdische Wählerschaft der Demokraten verprellen, noch die US-Muslime. Angesichts der Islam-Feindlichkeit Donald Trumps stimmten die US-Muslime bei der Präsidentschaftswahl 2020 überwiegend für Biden. Die Vorwahl der Demokraten in Michigan zeigte, dass sich das bei der Präsidentschaftswahl im Herbst ändern könnte: Rund 65 000 arabischstämmige Wähler beteiligten sich an einer Anti-Biden-Aktion und kreuzten „neutral“ an. Michigan ist einer der Swing-States, das heißt, dass nur wenige tausend Stimmen Unterschied entscheiden können, ob die Demokraten oder die Republikaner die Wahlmänner des Staates bekommen. Rund 200 000 Michigan-Wahlberechtigte haben arabische Wurzeln: Netanjahus Knallhart-Kurs könnte Biden den Wahlsieg kosten.
Klaus.Rimpel@ovb.net