München – Die Gesprächskanäle zwischen Ukrainern und Russen sind seit Monaten tot, mit einer Ausnahme: Immer wieder einigen sich beide Seiten auf den Austausch von Kriegsgefangenen. Allerdings fällt offenbar auch hierauf ein Schatten: Einem Bericht zufolge handeln russische Militärs mit ukrainischen Kriegsgefangenen.
Die britische „Times“ spricht von einem regelrechten „Schwarzmarkt“. Demnach verkaufen Kreml-Truppen ukrainische Soldaten an verbündete Paramilitärs aus Tschetschenien. Diese nutzen die Ukrainer wiederum, um sie ihrerseits gegen tschetschenische Gefangene einzutauschen. Petro Jazenko, Sprecher der ukrainischen Koordinierungsstelle für die Behandlung von Kriegsgefangenen, sagte der „Times“: „Es gab Fälle, in denen sie unsere Verwundeten von der russischen Armee kauften, sie nach Grosny brachten und sie dann gegen ihre eigenen austauschten.“
Hintergrund ist offenbar, dass die tschetschenischen Verbände selbst kaum Gefangene machen. Laut „Times“ sind sie häufig in den hinteren Frontabschnitten stationiert, erledigen dort logistische Aufgaben. Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) folgert daraus, dass einige Verbände wie die tschetschenische Achmat-Spezialeinheit nicht in den russisch-ukrainischen Gefangenenaustausch eingebunden sind. Den Tschetschenen wird laut ISW immer wieder Inkompetenz und mangelnder Kampfeswille vorgeworfen. Laut ISW gehören russische Militärblogger zu den lautesten Kritikern der tschetschenischen Einheiten.
Laut „Times“ verbietet die Genfer Konvention den Handel mit Kriegsgefangenen zwar nicht ausdrücklich. Die Praxis könnte aber gegen eine Klausel verstoßen, der zufolge die Lage von Gefangenen nicht nicht durch eine besondere Vereinbarung beeinträchtigt werden darf.
Ob es sich um einen Handel in großem Stil handelt oder nicht, ist unklar. Aktuell befinden sich schätzungsweise 4000 Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft. mmä