München – Die Ampel will das Rentenniveau bis 2040 auf 48 Prozent des Durchschnittsgehalts festschreiben – schon das wird ohne Beitragserhöhungen nicht zu finanzieren sein. Denn bald gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Ein weiteres Risiko für wachsende Altersarmut entsteht dadurch, dass die tatsächlichen Nettorenten (nach Abzug von Krankenversicherung und Steuern) weit geringer sind, als die offizielle Durchschnittsrente (1550 Euro) vermuten lässt. Denn für die Durchschnittsrente muss man 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben.
Das, was unter Einbeziehung aller (also auch Mini-Jobber etc.) tatsächlich von der Rente übrig bleibt, liegt im Schnitt laut Deutscher Rentenversicherung bei nur 1054 Euro netto – rund 500 Euro unter der Durchschnittsrente. Besonders wenig bleibt den Frauen, deren Erwerbsbiografien oft von Erziehungs- und Teilzeit geprägt sind. Hinzu kommt: Frauen werden für die gleiche Tätigkeit noch immer oft schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.
Im Ergebnis ergibt dies ein Ungleichgewicht: Während Männer im Schnitt 1295 Euro netto erhalten, kommen Frauen im Schnitt auf 863 Euro, so eine Daten-Analyse der „Zeit“. 66 Prozent der Frauen beziehen eine Rente, die unter oder im Durchschnitt liegt – bei den Männern sind das nur 40,3 Prozent. Mehr als 15 Prozent der Männer beziehen 1950 Euro und mehr, bei den Frauen bekommen das nur 1,9 Prozent.
„Die Rente ist der Spiegel des Erwerbslebens“, sagt die bayerische DGB-Vize Verena Di Pasquale. „Um Altersarmut wirksam zu bekämpfen und Frauen auch heute die Chance auf ein eigenständiges Leben zu ermöglichen, braucht es Veränderungen am Arbeitsmarkt“ – etwa sozialversicherte und tariflich entlohnte Beschäftigung vom ersten Euro an statt Minijobs und Beschäftigung zu Niedriglöhnen, so Di Pasquale.
Die Ungleichheit wird dadurch noch verstärkt, dass die Bezieher guter Renten zusätzlich viel Vermögen haben, wohingegen gerade Senioren mit niedrigen Renten oft kein oder geringes weiteres Vermögen besitzen. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung macht das Geld aus der Rente für die ärmeren 50 Prozent der Haushalte 70 Prozent ihres Vermögens aus. Dagegen hat das reichste Prozent der Senioren-Haushalte so viel Erspartes und andere Einkommensquellen, dass die Rente nur 2,6 Prozent ihres Vermögens ausmacht.
Durch die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent steigen die Rentenausgaben wegen der Alterung der Gesellschaft von derzeit 372 Milliarden Euro bis 2045 auf rund 800 Milliarden. Der Beitragssatz, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Rente zahlen müssen, dürfte demnach von aktuell 18,6 auf 22,7 Prozent (2045) steigen.
Vor diesem Hintergrund plädiert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für Anreize für all die, die im Rentenalter weiterarbeiten. „So könnten die Arbeitslosen- und Rentenanteile des Arbeitgebers als zusätzliches Honorar ausgezahlt werden“, sagte Habeck bei RTL/ntv. „Dann würde es sogar finanziell noch lohnender werden, länger zu arbeiten, und alle hätten mehr davon.“ Beschäftigte Altersrentner sind renten- und arbeitslosenversicherungsfrei – Arbeitgeber zahlen für sie heute aber trotzdem den Beitragsanteil für diese Sozialversicherungen in derselben Höhe wie für jüngere Beschäftigte.