Bidens Rede zur Lage der Nation

Minimalziel erreicht

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Die traditionellen Reden zur „Lage der Nation“ in den USA sind antiquierte Werbeveranstaltungen, auf die man verzichten könnte – auch weil sie nach spätestens einer Woche vergessen sind. Präsidenten loben sich über den grünen Klee, die Wahrheit spielt keine Rolle. Ein Favorit ist dabei die Behauptung, der Präsident habe Millionen neuer Jobs geschaffen. Dabei wird verschwiegen, dass es risikofreudige Unternehmer sind, die dies tun – oft trotz ungünstiger Rahmenbedingungen der Politik. Und es wirkt wie eine Zirkusshow, wenn alle 15 Sekunden die Volksvertreter der Regierungspartei dem Redner so applaudieren, als habe er soeben die Elektrizität erfunden.

Das war bei Joe Biden nicht anders. Seine wichtigsten Thesen waren schon vorher bekannt: Arbeitsplätze kreiert. Die unter ihm auf über neun Prozent geschnellte Inflationsrate gesenkt. Das Wahlrecht gestärkt. Und an der Grenzkrise, wo er den Ansturm von Millionen illegaler Migranten mit Exekutivanordnungen stoppen könnte, sind die Republikaner schuld, die gleichzeitig eine Gefahr für die Demokratie seien. Nicht viel Neues also – bis auf die Idee, US-Soldaten in Gaza ein Pier zur Versorgung bauen zu lassen. Die Hauptaufgabe Bidens waren ohnehin nicht große politische Visionen. Sondern im Wahljahr zu beweisen, dass er trotz sichtbarer kognitiver Probleme als 81-Jähriger noch ohne Pannen und kraftvoll wirkend vom Teleprompter ablesen kann. Und das ist ihm gelungen.

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