Berlin – Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Finnland gewarnt: Der Nato-Beitritt des jahrzehntelang neutralen Landes werde Folgen haben. Und er macht ernst. Seit Finnland im April 2023 Mitglied der Allianz geworden ist, steigen die Spannungen an der gut 1300 Kilometer langen Grenze. Am Dienstag kündigte Putin in einem Interview mit Staatsmedien an, als Reaktion auf die Nato-Mitgliedschaft Finnlands Soldaten und militärisches Gerät an der Grenze zu stationieren – und spickte diese Ankündigung mit direkten Drohungen. „Wir hatten dort keine Truppen, jetzt werden sie dort sein“, sagte Putin der Nachrichtenagentur RIA und dem Staatssender Rossija-1. „Es gab dort keine Zerstörungssysteme, jetzt werden sie dorthin verlegt.“
Putin hatte Finnlands Beitritt zu dem Militärbündnis seinerzeit als „Angriff auf die Sicherheit“ Russlands verurteilt. Für Finnland sei der Nato-Beitritt „ein bedeutungsloser Schritt“ mit Blick auf „die Wahrung seiner nationalen Interessen“, drohte Putin nun – ebenso wie für Schweden. Damit suggeriert er, dass die Mitgliedschaft Russland im Zweifelsfall nicht von einem Angriff abhalten werde. In dem Interview brachte er zudem den Einsatz von Atomwaffen gegen den Westen ins Spiel.
Schon im Dezember hatte Putin ein Interview mit Rossija-1 genutzt, um ominös „Probleme“ anzukündigen. Der Westen habe Finnland „in die Nato gezerrt“, wetterte er. „Warum, hatten wir irgendwelche Streitigkeiten mit Finnland? Alle Streitigkeiten, auch die territorialen, die es Mitte des 20. Jahrhunderts gab, sind längst beigelegt.“ Die Sowjetunion hatte Finnland während des Zweiten Weltkriegs angegriffen; Finnland verhinderte im sogenannten Winterkrieg zwar eine Eroberung des ganzen Landes, musste aber Gebiete abtreten. Im Kalten Krieg musste man neutral bleiben, um seine Existenz abzusichern.
Durch die russische Invasion der Ukraine änderte sich das Kalkül für Finnland. Die Nato-Mitgliedschaft schien nun sicherer. Auch Schweden hätte den Beitritt ohne den Ukraine-Krieg nicht beantragt. Putin hat daher letztlich das Gegenteil von dem erreicht, was er will, nämlich ein Ende der Nato-Expansion. Durch den finnischen Beitritt ist die Allianz ein gutes Stück dichter an Russlands Machtzentren St. Petersburg und Moskau herangerückt.
Auch ist die Ostsee praktisch zum Nato-Meer geworden. Außer Russland liegen jetzt ausschließlich Nato-Mitglieder an ihren Ufern, die nun militärisch und logistisch deutlich besser zusammenarbeiten können. Schweden und Finnland nehmen bereits gemeinsam an Nato-Manövern in der Region teil. Schweden wurde erst Anfang März offiziell Mitglied.
Putins Antwort darauf sind Drohungen, vor allem gegen Finnland und die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die ebenfalls direkt an Russland grenzen. Der estnische Auslandsgeheimdienst geht in seinem aktuellen Jahresbericht davon aus, dass Russland in den nächsten Jahren die Truppenstärke entlang der Nato-Ostgrenze erheblich aufstocken wird.
Der finnische Geheimdienst warnte Schweden vor einer Zunahme verbaler Drohungen aus Moskau. Die finden bereits statt. Als klar war, dass Schweden der Nato beitreten würde, drohte Putin, Russland werde militärisch-technische und andere Gegenmaßnahmen ergreifen. Details nannte er nicht.