Neuer Kampf ums Bürgergeld

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Berlin/München – Wenn es im Bundestag ums Bürgergeld geht, schlagen die Wellen schnell hoch. Als „Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit“ verspottete Friedrich Merz zum Beispiel im Januar die SPD. Merz sei doch nur eine „Mimose“, konterte daraufhin Kanzler Olaf Scholz. In dieser Tonart geht es weiter: Auch die neuen Vorschläge der CDU zu Umbauten des Bürgergelds sind umstritten. „Schäbig“, schimpfen führende Sozialdemokraten nun.

Heute wird die CDU-Spitze bei zwei Sitzungen in Berlin ihr Reformkonzept für die Arbeitslosen-Unterstützung beschließen. Es sind weitreichende Pläne. Die Union will das Bürgergeld in seiner jetzigen Form komplett abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen. Die Hilfe soll stärker daran gekoppelt werden, dass sich Arbeitsfähige auch zumutbaren Jobs nicht verweigern.

Sanktionen soll es „schneller, einfacher und unbürokratischer“ geben. Wenn ein arbeitsfähiger Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehne, solle „davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist – ein Anspruch auf Grundsicherung besteht dann nicht mehr“, steht im Konzept, das am Freitag öffentlich wurde. Wer mehrere Termine im Jobcenter grundlos sausen lässt, soll „zunächst keine Leistungen mehr bekommen“. Nachgezahlt wird erst, wenn es wieder festen Austausch gibt. Falls es auch nach drei Monaten keinen Kontakt mehr zum Jobcenter gegeben hat, wird die Leistung gestrichen. Der Begriff „Totalverweigerer“ steht im CDU-Papier. Für Familien soll es trotzdem Sonderregeln geben, damit Kinder nicht leiden, wenn die Eltern die Arbeit verweigern.

Hinzuverdienst soll leichter werden, wohl auch, um die hier sehr präsente Schwarzarbeit einzudämmen. Dazu soll der Rahmen erhöht werden, der zu einer Kürzung der Sozialleistungen führt. Es soll sich also stärker lohnen, Arbeit aufzunehmen.

Schonvermögen soll neu gestaffelt werden. Die CDU will die Karenzzeit von zwölf Monaten abschaffen und fortan wieder vom ersten Tag in der Grundsicherung an das Vermögen prüfen. Außerdem sollen die Grenzen für das Schonvermögen sinken und die Höhe des Schonvermögens von der Zahl der Arbeitsjahre abhängig gemacht werden. Der Missbrauch der Leistungen solle durch „einen vollständigen Datenaustausch zwischen den Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden“ bekämpft werden.

Die CDU schreibt in ihrem Text: „Jeder in unserem Land kann sich darauf verlassen, dass ihm geholfen wird, wenn er Hilfe benötigt.“ Und die große Mehrheit wolle aus der Sozialhilfe raus. Eine Minderheit an Regelbrechern und Ausnutzern bringe aber „das System in Verruf“.

Aus der CSU kommt Lob. „Die aktuelle Ausgestaltung des sogenannten Bürgergeldes gefährdet den sozialen Frieden in unserem Land“, sagte Fraktionschef Klaus Holetschek unserer Zeitung. Er warnt vor Auswirkungen bis tief ins Krankenversicherungssystem hinein. „Anreize zum Arbeiten sind quasi nicht vorhanden, wir müssen mehr aktivieren, statt zu alimentieren.“ Es brauche einen kompletten Bürgergeld-Neustart mit neuem Namen. „Wir dürfen nicht wie derzeit die Arbeitslosigkeit subventionieren, sondern brauchen zusätzliche Anreize wie steuerfreie Überstunden und flexiblere Arbeitszeitmodelle für Vollbeschäftigte.“

SPD-Chef Lars Klingbeil stellt sich gegen solche Pläne. Er warnt, die Höhe des Bürgergelds sei per Verfassungsgerichtsbeschluss festgelegt. „Wir müssen andere Debatten führen als Angriffe auf den Sozialstaat“, sagte er. Die Union fahre einen Kurs, bei dem „wirtschaftliche Stabilität und soziale Absicherung gegeneinander ausgespielt werden“. Die Grünen haben zudem Bedenken, ob Sanktionen für Jobverweigerer rechtlich haltbar sind. Parteichefin Ricarda Lang sagte der „FAZ“: „Die Union betreibt Panikmache auf dem Rücken der Verletzlichsten.“

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