Gescheiterter Karibikstaat Haiti

Wenn Anarchie triumphiert

von Redaktion

VON JÖRG S. CARL

Das tödliche Finale eines jahrzehntelangen Sterbens scheint nahe. Ohne Eingreifen von außen, etwa der USA, der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich oder der UN, droht Haiti im Bürgerkrieg oder endgültig in Anarchie zu versinken. Nach einer Intervention sieht es nicht aus.

Haiti ist eines der ärmsten, unregierbarsten Länder der Erde. Korrupte Diktatoren, Regierungen und Sicherheitsapparate haben das Land ausgebeutet. Armeeoffiziere putschten sich an die Macht, hinterließen wirtschaftliches Chaos und verbrannte Erde. Stabile staatliche Institutionen existieren so gut wie nicht, politische Morde und Anschläge konterkarieren Wahlergebnisse, einflussreiche Eliten nutzen die Brutalität krimineller Banden, um Volksaufstände blutig niederzuschlagen. Naturkatastrophen und Seuchen verschlimmern das Elend. Die Hälfte der elf Millionen Einwohner leidet unter Hunger. Internationale humanitäre Hilfe hat die Not wiederholt nur punktuell lindern können.

Auch jetzt haben die UN eine Luftbrücke zur Versorgung versprochen. Ansonsten herrscht in New York, Washington, Paris und Brüssel die im Umgang mit Haiti traditionelle Ratlosigkeit, man klammert sich an das Prinzip Hoffnung. Politisch soll sich das Land wohl allein aus dem Sumpf befreien. Doch wie soll das gelingen ohne funktionsfähige Armee und Polizei in einer darbenden Gesellschaft, wo sich, der Armut geschuldet, jeder selbst der Nächste ist?

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