München – Das hat dem Kanzler gerade noch gefehlt: Erst das Lob vom Bündnis Sahra Wagenknecht und der AfD für sein Taurus-Nein – und nun auch noch die anerkennenden Worte vom Kreml-Freund Gerhard Schröder. „Ich finde, Olaf Scholz macht das, was ich von einem deutschen Bundeskanzler zurzeit erwarten würde“, sagte der Altkanzler im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Auf die Frage, ob er sich einen „Friedenskanzler“ Scholz wünsche, entgegnete der 79-Jährige: „Ja, den wünsche ich mir.“ Er fügte hinzu: „Wenn jemand als Kanzler sich für den Frieden einsetzt, wenn jemand als ,Friedenskanzler’ beschrieben wird, ist das denn negativ?“
Wegen seiner Nähe zu Russland ist Schröder bei den Sozialdemokraten eher geduldet als erwünscht: Teile der Partei wollten ihn 2022 rausschmeißen – allerdings scheiterte ein Parteiausschlussverfahren. Dementsprechend unangenehm dürfte Scholz der Rückhalt seines Vorvorgängers sein.
Der Kanzler hatte vor drei Wochen sein Nein zu einer Lieferung der Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern damit begründet, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Kurz darauf stellte er sich klar gegen die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine als Option auf dem Tisch zu lassen. Schröder teilt beide Positionen des Kanzlers. „Das sind zwei Festlegungen, die er getroffen hat. Ich unterstütze sie. Und ich hoffe, ich schade ihm damit nicht“, sagte er.
Die Union ließ mit ihren Attacken auf den Kanzler nicht lange auf sich warten. CSU-Chef Markus Söder hat Scholz kurz nach dem Schröder-Interview dringend zum Kurswechsel aufgefordert. „Von Schröder gelobt und vereinnahmt zu werden, zeigt eindeutig, dass er auf dem falschen Weg ist“, sagte Söder. „Ich würde mir das dringend noch mal überlegen, und dieses Lob würde ich mir dann als Bundeskanzler echt verbitten. Möchte ich ehrlicherweise nicht haben.“ Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn meinte: „Wer Freunde, Unterstützer wie den Ex-Kanzler und Putin-Freund Schröder hat, der braucht eigentlich keine politischen Feinde mehr.“
Ohnehin war Scholz zuletzt öfter mit Schröder verglichen worden, als ihm lieb ist. Die Absage von Scholz an die Taurus-Lieferung hat viele an das Nein Schröders zu einer deutschen Beteiligung an der US-Invasion im Irak 2002 erinnert. Der Altkanzler hatte den USA damals nach den verheerenden Anschlägen islamistischer Terroristen in den USA vom 11. September 2001 zunächst „uneingeschränkte Solidarität“ zugesichert und die Bundeswehr in den Afghanistan-Einsatz geschickt. Beim Irak-Krieg ging er dann aber nicht mehr mit.
Schröder hält den Vergleich zu Scholz’ Taurus-Nein zwar für „unhistorisch“. Allerdings würde er sich wünschen, dass Deutschland und Frankreich wie damals beim Nein zum Irak-Krieg jetzt auch bei der Suche nach einer Friedenslösung an einem Strang ziehen würden. Für die Kritik, Scholz wolle sich wie er damals als „Friedenskanzler“ profilieren, zeigt Schröder kein Verständnis. „Ich finde diese ganze Diskussion wirklich merkwürdig, die da schlicht heißt: Man darf sich für den Krieg einsetzen, egal auf welcher Seite, aber für den Frieden nicht.“