Das schlimmste Schreckensszenario, das einfach nicht sein darf – es tritt leider viel zu oft ein: Ein Mensch wird aus dem Leben gerissen, lässt seine Liebsten in Schockstarre zurück. Wer in diesem emotionalen Ausnahmezustand auch noch entscheiden soll, ob dem Verstorbenen Organe entnommen werden dürfen oder nicht, dem wird fast Übermenschliches abverlangt. Dann hilft nur die nüchterne und klare Erinnerung daran, was der Verstorbene früher mal dazu im Familienkreis gesagt hat.
Solche Gespräche schieben viele Menschen weg, zu sehr schmerzt schon der Gedanke an den Verlust. Aber die offenen Worte von Angesicht zu Angesicht müssen sein, weil sie den Angehörigen eine Entscheidung aus Liebe und ohne zusätzlich quälende Ungewissheit ermöglichen. Sie sind mindestens genauso wichtig wie ein Organspenderausweis oder ein Online-Register. Eine Meinung kann sich im Laufe der Jahre ändern. Papier verblasst irgendwann, das Gesicht eines geliebten Menschen nicht – ebenso wenig wie dessen Worte in der Erinnerung verstummen. Am Ende geht es ja oft nicht nur darum, was der Verstorbene gewollt hätte. Es bleibt auch die Frage, wie die Angehörigen mit dem Verlust und der Organspende-Entscheidung weiterleben können.
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