VON MIKE SCHIER
Es war wohl sehr vorausschauend, dass Bayern nicht auf den Bund mit der Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge gewartet hat. Während im Freistaat gestern das Projekt konkret vorgestellt wurde, zieht sich die Abstimmung im Bundestag weiter hin – die Grünen monieren zu viele offene Fragen bei der technischen Umsetzung. Das ist zwar, wie die Testläufe zeigen, nicht falsch. Aber man kann immer auf Bedenkenträger verweisen, wenn man eine Reform verhindern will. Stattdessen schaffen oft erst Gesetze die Fakten: Auch ein kleines Lebensmittelgeschäft am Ortsrand wird sich ein Kartenlesegerät anschaffen, wenn man so Geld verdienen kann.
Die Umstellung selbst ist jedenfalls richtig. Denn natürlich liegt es auch an den großzügigen Leistungen, dass so viele Migranten Deutschland als Ziel wählen. Niemand, der wirklich vor Krieg oder Verfolgung flieht, wird sich um die Bezahlkarte scheren. Wohl aber solche Migranten, denen es vor allem um wirtschaftliche Fragen geht und die viel Geld in die Heimat überweisen. Doch man muss realistisch bleiben: Nur ein breites Bündel von europaweiten Maßnahmen kann die Zahlen drosseln – die Bezahlkarte ist nur ein Mini-Baustein. Ehrlicherweise müsste man auch über die Leistungshöhe sprechen.
Wenn sich die Grünen wirklich um Zugewanderte verdient machen wollen, sollten sie sich die neue DIW-Studie anschauen. Dass sich 91 Prozent der Migranten mehr Hilfe beim Deutschlernen wünschen, ist alarmierend. Spracherwerb ist der erste und wichtigste Punkt der Integration. Denn Sprache schafft Chancen. Stichwort Fachkräftemangel: In Bayern fehlen bis 2030 allein 80 000 Busfahrer. Erst wenn wir es schaffen, die vielen Migranten und die offenen Stellen zusammenzubringen, profitieren alle.
Mike.Schier@ovb.net