Dublin – Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar hat überraschend seinen Rücktritt als Regierungs- und Parteichef angekündigt. Er werde von seinen Ämtern zurücktreten, sobald ein Nachfolger bereitstehe, sagte Varadkar vor Journalisten in Dublin. Sein Schritt habe sowohl persönliche als auch politische Gründe. Nach sieben Jahren an der Spitze der Fine-Gael-Partei habe er das Gefühl, nicht mehr „die beste Person für diesen Posten“ zu sein, sagte der 45-Jährige.
Varadkars Rücktritt erfolgt ein Jahr vor der geplanten Parlamentswahl in Irland und anderthalb Wochen nach dem Scheitern eines Referendums zur Neufassung eines Verfassungsartikels zur Familie und zur Rolle von Frauen. Kritiker hatten Varadkar die Schuld am Scheitern gegeben.
Beobachter bezeichneten die Ankündigung als „politisches Erdbeben“. Vize-Regierungschef Micheal Martin sagte, Varadkars Entscheidung komme „unerwartet“. Er gehe aber vom Fortbestand der Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode aus, betonte der Vorsitzende der Partei Fianna Fail.
Varadkar verkündete seine Entscheidung umgeben von Kabinettskollegen. „Politiker sind Menschen und haben ihre Grenzen“, sagte der 45-Jährige. „Wir geben alles, bis zu dem Moment, an dem es nicht mehr geht.“ Er glaube, dass diese Regierung wiedergewählt werden könne. Ein neuer Regierungschef werde dieses Ziel aber eher erreichen als er selbst. Bei seinem ersten Amtsantritt war er mit 38 Jahren der jüngste Regierungschef und auch als offen homosexueller Politiker im katholischen Irland eine Ausnahme. Spekuliert wird, dass Varadkar nach der Europawahl einen Posten in der EU-Kommission anstrebt.