Das Rüpel-Gesetz verärgert die AfD

von Redaktion

Landtag debattiert über den Umgang mit sich selbst – „Tyrannei der Mehrheit“ beklagt

München – Die gute Nachricht ist, dass es an diesem Vormittag im Landtag halbwegs gesittet zugeht. Es gibt keinerlei Ordnungsrufe, keine Rügen, bloß kleinere bis mittlere Gehässigkeiten, die aber diesmal nicht ausreichen, um Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zum Eingreifen zu veranlassen. Und das, obwohl das Thema hochsensibel ist. Es geht um das Benehmen der Abgeordneten und wie die schlimmsten Grenzüberschreitungen im besten Fall vermieden und ansonsten wenigstens angemessen geahndet werden können.

Dabei klingt der Tagesordnungspunkt 2b zunächst unscheinbar, er behandelt den „Gesetzentwurf (…) zur Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes“. Vier von fünf Landtagsfraktionen (CSU, Freie Wähler, Grüne, SPD) haben ihn gemeinsam eingebracht, um der fünften Einhalt zu gebieten. Schließlich haben Vertreter der AfD seit ihrem Einzug knapp zwei Dutzend Rügen erhalten, mal für schlichte Pöbeleien, mal für krasse Entgleisungen wie das Tragen einer Gasmaske am Rednerpult.

Künftig sollen Regelverstöße ins Geld gehen. Bis zu 2000 Euro sollen fällig werden, im Wiederholungsfall das Doppelte. Daneben sieht die Verschärfung des Gesetzes, das gestern in erster Lesung beraten wurde, bei besonders schweren Verstößen den sofortigen Ausschluss aus der Plenarsitzung vor sowie ein Teilnahmeverbot für bis zu zehn folgende.

Man erlebe gerade „eine Zäsur“, warnt der CSU-Abgeordnete Michael Hofmann. Jahrzehntelang habe es ausgereicht, für Grenzüberschreitungen mit einer Rüge zu drohen. Doch in den vergangenen Jahren hätten Pöbeleien, Provokationen und eine Verrohung von Sprache und Sitten überhand genommen, die einzig dem Zweck dienten, den Parlamentarismus lächerlich zu machen. „Was soll die nächste Stufe sein“, ruft Hofmann den AfD-Abgeordneten zu. „Dass Sie auch noch handgreiflich werden? Ich traue es Ihnen zu!“

Auch der grüne Abgeordnete Jürgen Mistol hält ein Ordnungsgeld als „wesentlich schärferes Schwert“ mittlerweile für unverzichtbar. Rügen hätten bei der AfD keinerlei abschreckende Wirkung. Im Gegenteil, „sie lässt sich in den Sozialen Medien dafür noch feiern und trägt sie wie Trophäen vor sich her“.

Das Klima ist also schon aufgeheizt, bevor mit Christoph Maier ein AfD-Vertreter ans Rednerpult tritt. Er spricht konsequent von „Kartellfraktionen“, die gemeinsam agierten, um die politische Konkurrenz kleinzuhalten. Mit dem Gesetzentwurf erfolge der „nächste Angriff gegen die repräsentative Demokratie und den Meinungspluralismus“. Allen Entgleisungen zum Trotz sieht er seine Partei in der Rolle des Opfers, das einer „Tyrannei der Mehrheit“ ausgesetzt sei.

Ein Punkt, den die AfD immer wieder als Beleg für ihre angebliche Benachteiligung anführt, steht auch gestern auf der Tagesordnung. Zum 18. Mal in Folge und zum siebten Mal in dieser Legislaturperiode scheitert die Partei beim Versuch, einen Vizepräsidenten aus ihren Reihen wählen zu lassen. Diesmal ist es Fraktionsvize Martin Böhm, der die nötige Mehrheit verfehlt. Neben seiner Parteizugehörigkeit könnte das auch an seinem Auftreten liegen, das nicht immer präsidiabel ist. Auf dem Parteitag im Januar sagte er, man müsse „den Karnickeln in den Parlamenten den verdienten Nackenschlag versetzen“. MARC BEYER

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