Söder setzt auf „Panda-Diplomatie“

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

München – Es waren Bilder, die so gar nicht zu den düsteren Debatten im politischen Berlin passen wollten. Als Chinas Ministerpräsident Li Qiang im vergangenen Juni bei seiner kurzen Europa-Tour einen Zwischenstopp in München einlegte, empfing ihn Markus Söder mit dem vollen Programm: Gebirgsschützen, Trachtler, ein festliches Abendessen. Die Botschaft: Mag sich das amerikanisch-chinesische Verhältnis deutlich abgekühlt haben, mögen die Spannungen um Taiwan Sorgen schüren, mag der Ukraine-Krieg die Beziehungen belasten – für den Freistaat bleibt China ein ganz wesentlicher Partner.

Am morgigen Samstag bricht Söder nun zu seinem Gegenbesuch auf. Inzwischen gibt es nach Shandong und Guangdong mit Sichuan eine dritte bayerische Partnerprovinz. „China ist ein Land, zu dem wir seit der ersten Reise von Franz Josef Strauß zu Mao Tse-tung eine ganz lange Verbindung haben“, sagt Söder. Man werde fast wie ein eigenständiger Staat behandelt. Erste Station ist deshalb am Montag die Millionenmetropole Chengdu, Hauptstadt der Provinz Sichuan im Südwesten Chinas, die auch für ihre Pandabären bekannt ist. Söder spricht deshalb von „Panda-Diplomatie“. Man darf davon ausgehen, dass es während der Reise die passenden Bilder zum Slogan geben wird. Sein Ziel: Man wolle mit kleinen, wirtschaftlichen Schritten im Gespräch bleiben.

Am Dienstagnachmittag und Mittwoch folgen dann Gespräche in Peking. Es sei eine Ehre, eine Einladung von Ministerpräsident Li Qiang zu haben, der Nummer 2 hinter Staatspräsident Xi Jinping. Auch ein Treffen mit dem chinesischen Handelsminister ist geplant.

Wer Söder vor seiner Reise zuhört, erkennt große Parallelen zu seinem Vorgänger Horst Seehofer, der gleich drei Mal nach China reiste. Von „Realpolitik“ sprach dieser angelehnt an Henry Kissinger stets. Und auch Söder sagt nun: „Es geht bei uns um Real- statt Moralpolitik.“ Man sei allerdings nicht naiv.

Tatsächlich sind die Beziehungen des Westens zu Peking heute noch komplizierter als zu Seehofers Zeiten. Im vergangenen Sommer verabschiedete die Bundesregierung deshalb eine 61 Seiten dicke China-Strategie, die als Leitlinie für den künftigen Umgang mit dem Land dienen soll. China habe sich verändert, das Regime agiert deutlich härter. Deshalb wolle man die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwar fortsetzen. „Abhängigkeiten in kritischen Bereichen wollen wir jedoch verringern, um von ihnen ausgehende Risiken zu mindern“, heißt es. Dies ist auch eine Lehre aus der Energie-Abhängigkeit von Moskau, die Deutschland nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine in arge Bedrängnis brachte. In Berlin ärgert man sich auch über die (wirtschaftlichen) Spionageaktivitäten Pekings.

Die Beziehungen gleichen also einem Balanceakt. Die Opposition in Bayern wirft dem CSU-Chef schon vor der Abreise die falsche Strategie vor: „Ich erwarte von Herrn Söder, dass er die massiven Menschenrechtsverstöße in China im geeigneten Rahmen zur Sprache bringt und nicht höflichst dem Diktator gegenüber ignoriert“, sagt SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Söder lässt solche Vorwürfe abtropfen. „Wir werden natürlich alle Dinge ansprechen, die anzusprechen sind.“ Aber man dürfe die Gesprächspartner auch nicht brüskieren. „Der Dialog ist die bessere Form als die Belehrung.“

Doch auch in seiner eigenen Partei sieht man China mitunter kritisch. Der EVP-Vorsitzende Manfred Weber hatte China wiederholt als „eine Bedrohung für die europäische Sicherheit“ bezeichnet, gerade, wenn es um Know-how, kritische Infrastruktur und Cyberspace gehe. Europa müsse „gegenüber der chinesischen Führung seine Naivität ablegen“.

Es wird also keine leichte Reise für Söder, der zuletzt bemerkenswert viel unterwegs ist – jüngst erst in Schweden und Serbien. Immer gehe es dabei auch um wirtschaftliche Interessen: „Gerade in den Zeiten, wo die deutsche Wirtschaft und auch die bayerische Wirtschaft jede Unterstützung braucht, sind wir gerne dabei, weiter Türöffner zu sein.“ Ob weitere Reisen – beispielsweise nach Indien – folgen, ist offen. Ein bisschen Zeit für Bierzelte muss Söder ja auch noch einplanen.

Artikel 10 von 11