Berlin – Nach monatelangem Ringen hat der Bundesrat am Freitag grünes Licht für gleich drei umstrittene Ampelvorhaben gegeben. Ein Überblick, was auf Justiz, Polizei, Landwirte und die Wirtschaft jetzt zukommt.
Cannabis-Gesetz
Der Weg für die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist nun frei. Der Bundesrat ließ das vom Bundestag beschlossene Gesetz passieren, mit dem zum 1. April Besitz und Anbau der Droge für Volljährige für den Eigenkonsum erlaubt werden. Trotz vieler Kritikpunkte gab es keine Mehrheit dafür, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu schicken und so auszubremsen.
Legal wird nun für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt sein. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete den Beschluss als richtungsweisende Entscheidung. „Die Cannabis-Politik der letzten zehn Jahre ist gescheitert“, sagte Lauterbach. Er führte eine Verdoppelung des Konsums bei Kindern und Jugendlichen sowie eine Verdopplung der Zahl der Drogentoten an. Zudem werde der Schwarzmarkt immer größer. „Ich war jahrelang auch gegen eine Cannabis-Legalisierung, aber die Studienlage zeigt, wir brauchen hier ein neues Angebot.“
Mehrere Länder warnten dagegen vor einer Legalisierung. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte das Gesetz einen Irrweg. Es stelle die Länder auch vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand.
Um ein Scheitern des Gesetzes abzuwenden, zeigte sich die Bundesregierung zuletzt kompromissbereit. In einer Protokollerklärung im Bundesrat sicherte sie mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vorbeugung für Kinder und Jugendliche sowie flexiblere Umsetzungsregeln zu. Dafür sollen noch vor dem 1. Juli einige nachträgliche Änderungen am Gesetz umgesetzt werden.
Wachstumschancen-gesetz
Auch das milliardenschwere Wachstumspaket mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau für Unternehmen ist beschlossen. Der Bundesrat stimmte dem sogenannten Wachstumschancengesetz zu. Im Vermittlungsverfahren wurde das Volumen des Gesamtpakets von einst geplanten sieben Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden pro Jahr zusammengestrichen.
Die Wirtschaft zeigte sich enttäuscht. „Das Gesetz verdient seinen Namen nicht. Im Kern handelt es sich um ein ‚Gesetzchen’“, wetterte Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerische Industrie- und Handelskammertags (BIHK). „Die bitter nötigen Wachstumsimpulse lassen weiter auf sich warten.“ Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte nur Minuten nach dem Beschluss, das Paket sei zwar ein wichtiges Signal. „Aber sein Volumen ist wesentlich kleiner als ursprünglich von mir geplant.“
Aus für Subventionen für Agrardiesel
Mit tausenden Treckern waren die Landwirte auf die Straßen gezogen. Jetzt werden Subventionen für den Agrardiesel trotzdem gekürzt. Die Länder stimmten mehrheitlich dagegen, das entsprechende Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu verweisen.
Bisher können sich Betriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Um eine Milliardenlücke im Bundeshaushalt zu stopfen, hatte die Ampel-Koalition aber eine schrittweise Streichung beschlossen. Ab 2026 soll es deswegen keine Subventionen mehr geben. Der Bayerische Bauernverband warnte vor einer Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU.
Die Ampel kündigte ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Landwirtschaft an. Man habe sich auf einzelne Punkte verständigt, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Katja Hessel (FDP). In einer Protokollerklärung wurden zehn Punkte genannt, die „zügig umzusetzen“ seien. Dazu gehören Erleichterungen bei Düngeregeln und weniger Dokumentationspflichten für Tierhalter. Außerdem soll die sogenannte Tarifglättung für sechs Jahre wieder eingeführt werden. J. MELCHER/U. STEINKOHL