München – Friedrich Merz wird sich in seinem Kalender schon mal den 22. September freihalten, nur für den Fall. Der CDU-Parteichef hat für diesen Tag vorgezogene Bundestagswahlen in den Raum geworfen – und bringt damit neuen Schwung in die Diskussionen über einen Ampel-Bruch. In den vergangenen Monaten hatte die Union zwar immer wieder Neuwahlen ins Spiel gebracht. Mit dem Terminvorschlag will Merz den Druck auf die Bundesregierung aber noch mal erhöhen.
„Die Sommerferien wären dann überall vorbei und mit der Landtagswahl in Brandenburg ist der Tag bereits ein Wahlsonntag“, erklärte der CDU-Chef gegenüber den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Dass Merz schon so konkret von Neuwahlen spricht, schiebt er vor allem auf die Liberalen. „Die FDP weiß: Wenn sie in der Koalition bleibt, fliegt sie bei der nächsten Bundestagswahl wieder aus dem Parlament“, sagt er. „Sie wird nach meiner Einschätzung daher nicht als Teil der Ampel in den Wahlkampf gehen wollen.“
Merz stellt es so dar, als sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis FDP-Chef Christian Lindner die Reißleine zieht. „Die Frage ist nur, wann die Liberalen gehen und aus welchem Anlass. Das Volk liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.“
Dann findet Merz auffällig lobende Worte für die Grünen. Zwar richteten diese in der Wirtschafts- und Innenpolitik derzeit „großen Schaden“ an. Er habe aber mit Blick auf die Außenpolitik „Respekt vor den Grünen“, sagt er. „Sie haben eine tiefe Wandlung durchgemacht. Robert Habeck war der Erste, der von Waffenlieferungen für die Ukraine gesprochen hat. Die Grünen sind in der Lage, die Realitäten sehr schnell anzunehmen, zumindest in der Außen- und Sicherheitspolitik.“
Während Merz damit wieder offen über Schwarz-Grün sinniert, blockt CSU-Chef Markus Söder die Idee gleich wieder ab: „Ich bin gegen eine Zusammenarbeit auf Bundesebene“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Ich finde, die Grünen haben in Deutschland eine lange Auszeit verdient.“ Der bayerische Ministerpräsident begründet das vor allem mit der Asylpolitik. „Für viele Deutsche ist Migration die zentrale Frage, und dann ist Schwarz-Grün an der Stelle das falsche Signal und auch ehrlicherweise die falsche Koalition“, erklärt er.
Das Thema schwelt schon länger zwischen den beiden Parteichefs der Union. Söder hatte sich bereits mehrfach klar gegen Schwarz-Grün im Bund nach der nächsten Bundestagswahl ausgesprochen. Merz hatte hingegen erst im Februar eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht kategorisch ausgeschlossen.
Sein Terminvorschlag für Neuwahlen sollte aber nicht nur als Liebeserklärung an die Grünen verstanden werden – der CDU-Chef will vor allem auch die Gunst der Stunde nutzen, in der die Union in Umfragen als mit Abstand stärkste Kraft dasteht. Würde jetzt gewählt werden, kämen CDU und CSU laut dem aktuellen „Sonntagstrend“ des Meinungsforschungsinstituts Insa zusammen auf 30 Prozent.
Auch SPD und Grüne haben aufgeholt. Die Sozialdemokraten kommen auf 16 Prozent der Stimmen und somit auf einen Prozentpunkt mehr als in der Vorwoche. Die Grünen verbesserten sich ebenfalls um einen Prozentpunkt auf 13 Prozent.
Die FDP hingegen müsste mit nur fünf Prozent um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Vor allem deshalb wird daran gezweifelt, dass die Partei wirklich Neuwahlen riskieren würde. Dafür müsste der Kanzler die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und bei einer fehlenden Mehrheit den Bundespräsidenten darum bitten, das Parlament aufzulösen. Alle drei Ampel-Parteien würden wohl bei Neuwahlen im Vergleich zur letzten Bundestagswahl an Stimmen verlieren.
Sollte die FDP, wie von Merz erwartet, tatsächlich aus der Ampel aussteigen wollen, wäre aber auch eine Minderheitsregierung möglich: Dann würden SPD und Grüne ohne Mehrheit weiterregieren, ohne dass die Bürger noch mal an die Urnen gehen müssten. mit dpa/afp