Angebliche IS-Spur nach Kiew

Putins mieses Spiel mit dem Terror

von Redaktion

VON KLAUS RIMPEL

Der gemeinsame Feind – der weltweit agierende blutrünstige Extremismus des Islamischen Staats – hätte ein Band sein können, um die Kluft zwischen Russland und dem Westen zu schließen. Doch schon im Syrien-Krieg nutzte Wladimir Putin sein Vorgehen gegen den IS lieber, um strategische Vorteile gegenüber den USA durchzusetzen. Auch nach dem blutigsten Terroranschlag in der jüngeren Geschichte Russlands sieht es ganz danach aus, dass der Kreml-Herr das Leid der Opfer der Glaubenskrieger für andere Zwecke instrumentalisiert: für seinen Krieg in der Ukraine. Da mag der IS noch so intensiv Bekennerschreiben und Videos vorlegen, die schreien: Wir waren es! Putin will, dass Kiew für die mehr als 130 Toten in der Crocus City Hall verantwortlich ist.

Die Hintergründe dieses Anschlags werden sich wohl nie ganz aufklären lassen, und die Putin-Anhänger werden sich von der Überzeugung nicht abbringen lassen, dass Kiew die IS-Täter unterstützt hat. Aber es gibt viele Ungereimtheiten, die für die Lesart sprechen, dass Putin absichtlich die Warnungen der US-Geheimdienste vor einem IS-Anschlag auf ein russisches Konzert ignorierte.

Es ist ein seltsamer Zufall, dass der Kreml ausgerechnet am Tag des Anschlags erstmals vom „Kriegszustand“ sprach und in den russischen Online-Medien über die Mobilisierung weiterer 300 000 Soldaten diskutiert wurde. Seit der Massenflucht junger Männer 2022 weiß Putin, wie extrem unpopulär die Mobilmachung ist. Der Volkszorn über die angeblichen Terror-Drahtzieher in Kiew soll nun der von Putin ohnehin geplanten Ausweitung des Kriegs in der Ukraine den Weg ebnen.

Klaus.Rimpel@ovb.net

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