Rückkehr des Terrors

Der Westen hat den IS erstarken lassen

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

Fast noch beängstigender als all die Krisen und Kriege selbst ist das Gefühl, inzwischen endgültig den Überblick über die Gefahrenlagen verloren zu haben. Nun ist auch noch der Terror zurück. Der Anschlag des Islamischen Staats Provinz Khorasan (ISPK) hat eine Schockwelle losgetreten, die von Russland aus auch den Westen erfasst hat. In Deutschland ist die Rede von einer „akuten Terrorgefahr“, Frankreich ruft die höchste Alarmstufe aus. Dass plötzlich alle Welt in heller Aufruhr ist, erweckt den Eindruck, als käme die Bedrohung aus dem Nichts – dabei hatten Experten schon im September 2021 vor dieser Entwicklung gewarnt. Und zwar kurz nach dem Abzug der westlichen Anti-Terror-Koalition aus Afghanistan.

Die USA und ihre Alliierten haben das Land damit nicht nur den Taliban, sondern auch dem ISPK als afghanische IS-Filiale überlassen. Auch wenn es nach der Zerschlagung des Kalifats im Jahr 2018 um den IS kurzzeitig ruhig geworden war – die lokalen Ableger waren weiter aktiv. Allein im Jahr 2020 verübte der ISPK acht Anschläge mit mehr als 200 Toten in Afghanistan. Trotzdem ordneten die USA ausgerechnet in dieser Zeit das Ende des Afghanistan-Einsatzes an. Nur zwei Wochen nach dem Abzug tötete der ISPK noch mal 183 Menschen bei einem Anschlag am Kabuler Flughafen. Seitdem konnte er als Konkurrent der Taliban zum aktivsten Ableger des Islamischen Staats erstarken. Der ehemalige SPD-Verteidigungsminister Peter Struck hatte 2004 mit seinem Slogan „Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt“ viel Kritik geerntet. Heute wissen wir: Er hatte Recht.

Kathrin.Braun@ovb.net

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