Scheuers überraschender Abgang

von Redaktion

Der ehemalige Verkehrsminister gibt am Ostermontag sein Bundestagsmandat auf

München – Die Abschiedsbotschaft ist nur vier Sätze lang. Und der letzte davon in lateinischer Sprache. „Nec soli cedit!“, schließt Andreas Scheuer. „Er weicht der Sonne nicht.“ Laut Wikipedia handelt es sich dabei um den Wahlspruch Friedrich Wilhelms I. von Preußen. Was der Niederbayer Scheuer uns damit sagen will, bleibt leider unklar. Denn auf ein Telefonat hat der Ex-Verkehrsminister offenbar keine Lust.

So muss man sich also an die ersten drei Sätze halten, die die politische Karriere Scheuers beenden. „Nach dem heutigen 1. April 2024 lege ich mein Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages nieder“, schreibt der CSU-Politiker. Er danke für Unterstützung, Treue und Vertrauen. „Es war mir eine Ehre, für unser Land und für meine Heimat arbeiten zu dürfen.“ Schon Ende Januar hatte Scheuer angekündigt, bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten zu wollen. Aber der plötzliche Rückzug aus dem Bundestag trifft am Ostermontag dann alle überraschend.

Sogar Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erfährt erst am Morgen per SMS von Scheuers Abschied. Die Kollegen in der CSU wundern sich, denn bis zuletzt habe Scheuer an allen Sitzungen teilgenommen und keinerlei Amtsmüdigkeit erkennen lassen. Am Mandat hängt auch ein Büro mit Mitarbeitern – in der Regel helfen scheidende Abgeordnete bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Sollte Scheuer aktiv geworden sein, bekam davon kaum jemand etwas mit.

Damit endet mit nur 49 Jahren eine Politkarriere, an der sich die Geister schieden. Lange galt Scheuer als Talent. Unter Horst Seehofer diente er der CSU von 2013 bis 2018 als Generalsekretär. Belohnt wurde er dafür mit dem Ministerposten im Bundesverkehrsministerium, das er bereits als Staatssekretär kennengelernt hatte. Obwohl die Idee einer Pkw-Maut, die vor allem Autofahrer aus dem Ausland belastet, eigentlich von Seehofer und Dobrindt entwickelt worden war, blieb das Thema an Scheuer hängen. Als Minister schloss er Verträge zur Umsetzung der Maut ab, ohne die abschließende Klärung der Rechtslage abzuwarten. 2019 urteilte dann der Europäische Gerichtshof, die Pläne verstießen gegen EU-Recht, weil sie eigene Staatsbürgern bevorzuge. Den Steuerzahler kostete dies 243 Millionen Euro.

Seitdem sank Scheuers Stern. Bei der Bundestagswahl 2021 gewann er das Mandat noch mit 30,7 Prozent der Stimmen – vier Jahre zuvor waren es 47,5, im Jahr 2013 sogar 59,8, Beim Aschermittwoch in Passau, lange ein Heimspiel, wurde er ausgepfiffen. Den CSU-Bezirksvorsitz in Niederbayern gab er vergangenes Jahr ab. In der Partei glauben viele, dass es bei einer neuerlichen Kandidatur für das Mandat aussichtsreiche Gegenkandidaten aus den eigenen Reihen gegeben hätte. Womöglich auch deshalb erklärte Scheuer im Januar, nicht mehr kandidieren zu wollen.

Jetzt ist vorzeitig Schluss. „Mit Andreas Scheuer verliert die CSU im Bundestag einen ihrer profilierten Köpfe“, sagt Dobrindt. Als Minister habe er bei Themen wie autonomen Fahren und der Digitalisierung der Mobilität vorausgedacht. „Für seinen immer hoch engagierten und leidenschaftlichen Einsatz gebühren ihm höchster Dank und Anerkennung.“

Da Scheuer ein Direktmandat hatte, rückt niemand nach. Die CSU dürfte demnächst ein weiteres Mandat verlieren, wenn Stefan Müller zum Genossenschaftsverband Bayern wechselt. Bislang hatten die Christsozialen 45 Sitze. MIKE SCHIER

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