VON MIKE SCHIER
Markus Söder ist längst aus Peking zurück und wieder in Pferdekutschen und Bierzelten im Freistaat unterwegs – aber in Berlin arbeitet man sich auch Tage später an der Chinareise des Ministerpräsidenten ab. „Größenwahn ganz im Stile von Ludwig II.“ und eine „Nebenaußenpolitik“ attestiert ihm der SPD-Abgeordnete Michael Roth.
Tatsächlich darf man fragen, ob die nie endende Selbstdarstellung Söders mit Panda-Kussfotos einem potenziellen Kanzlerkandidaten angemessen ist. Großteils ins Leere laufen dagegen Vorwürfe zu seinem Umgang mit China. Ob Olaf Scholz völlig anders als Söder klingen wird, wenn er in zwei Wochen seinerseits ins Reich der Mitte aufbricht? Die neue China-Strategie Berlins besagt zwar, dass Deutschland nicht zu abhängig von Peking werden darf. Sie verbietet aber keineswegs enge wirtschaftliche Beziehungen. Noch bietet China deutschen Firmen so große Chancen, dass fast alle am Geschäft festhalten. 1,4 Milliarden Chinesen sind ein riesiger Markt.
Wer glaubt, bei Menschenrechten oder der Taiwan-Frage voranzukommen, indem man sich von Peking abkoppelt, ist auf dem Holzweg. Inzwischen gibt es genügend undemokratische Riesen (Russland, Iran), die sich gegen den Westen verbünden. Besser ist es, in Verbindung zu bleiben – aber offensiver Regeln und Grenzen zu setzen. Angesichts wachsender Spannungen Chinas mit den USA (und einem potenziellen Wahlsieg von Donald Trump) verbessert sich die Position der EU-Staaten, wenn es um fairen Marktzugang geht. Der Wirtschaftsspionage und der Gefahr staatlicher Cyberattacken muss man sich selbstbewusster entgegenstellen. Söder hätte einiges davon nachdrücklicher vertreten müssen. Aber gar nicht mehr nach Peking zu reisen, wäre ein Fehler.
Mike.Schier@ovb.net