Trumps Wahlkampf

Verfall der Streitkultur

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Dass es im US-Wahlkampf mit harten Bandagen zugehen würde, war angesichts der Animositäten in beiden politischen Lagern klar. Doch nun ist am Osterwochenende ein neues Tief in der Schlammschlacht erreicht worden: Zu Recht gibt es im Lager der US-Demokraten heftige Empörung, weil Donald Trump den amtierenden Präsidenten Joe Biden als Kidnapping-Opfer darstellt. Ein Video auf Trumps Webseite „Truth Social“ zeigt einen Pick-up, auf dessen Ladefläche ein an Händen und Füßen gefesselter Biden liegt. Ob diese widerliche Sequenz bereits einer Aufforderung zu einer Straftat gleichkommt oder nur extrem schlechten Geschmack Trumps beim Versuch eines misslungenen Scherzes repräsentiert – darüber können Juristen wohl lange streiten.

Es wäre deshalb an der Zeit, dass sich beide Seiten auf Sachfragen konzentrieren. Auch die Demokraten sind an der Eskalation und dem Verlust jeglichen Anstands nicht ganz schuldlos. Wenn Biden beispielsweise sagt, er hätte „die Hölle“ aus Trump herausgeprügelt, wenn beide zusammen in der Schule gewesen wären, so dient dies sicher nicht der Entspannung. Die liberale Komödiantin Kathy Griffin ließ sich einst mit dem blutenden Kopf eines enthaupteten Trump ablichten. Das entschuldigt die jetzige Entgleisung nicht – ist aber ein Indiz dafür, wie schlecht es um die politische Streitkultur in den USA bestellt ist.

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